Motivation für Nguyen: Barren-Konkurrenz im eigenen Team

Stettin – Die letzte Motivation für die EM in Stettin holte sich Marcel Nguyen an der Stätte seiner größten Olympia-Erfolge.

Bei der Turnshow «Superstars of Gymnastics» stellte sich der 31-jährige Turn-Oldie in der O2-Arena von London vor und ließ sich von den Olympiasiegern Simone Biles (USA) und Max Whitlock (Großbritannien) in der Jury für Kreativität und schwierige Elemente bewerten. «Eine tolle Sache und eine große Ehre für mich, dort dabei sein zu dürfen», meinte Nguyen, wenn er auch den sportlichen Wert der kommerziellen Veranstaltung im März nicht zu hoch einschätzte. «70 Prozent waren Show. Aber ich fühlte mich dort noch einmal an meine beiden Silbermedaillen bei den Olympischen Spielen 2012 erinnert», sagte Nguyen der Deutschen Presse-Agentur.

Vom 10. April an zählt jedoch in der Netto-Arena von Stettin nicht mehr der Name, sondern nur noch das Können. Bei Europameisterschaften gehört der Unterhachinger inzwischen zu den Stammgästen, er kann sich an sein Debüt im Jahr 2007 kaum noch erinnern. «Der Durchbruch kam ja erst später», erzählte er. Bis zu seinem ersten EM-Titel am Barren dauerte es noch bis 2011 in Montpellier.

Dass er bei bislang zehn EM-Teilnahmen bereits zu 20 Finalteilnahmen kam, verblüfft ihn im Rückblick. «Echt, das hätte ich jetzt nicht gedacht», bekannte Nguyen und war noch überraschter über die Tatsache, dass er den «großen» Fabian Hambüchen, der 2016 nach dem Olympiasieg zurücktrat, bereits überholt hat. «Gefühlt war Fabi doch in 100 EM-Finals dabei», meinte Nguyen. In der Realität waren es 19, doch sechsmal wurde der Hesse als Europameister gefeiert, Nguyen bisher dreimal.

Stettin ist eine Zwischenstation auf dem Weg zur Heim-WM in Stuttgart, wo es die große Chance auf Olympia-Tickets für die komplette Riege gibt. «Aber wir nehmen die EM zu 100 Prozent ernst. Werden aber auch ein bisschen ausprobieren, ob sich die Übungen für Stuttgart eignen», erläuterte Cheftrainer Andreas Hirsch. Der spricht von einem «etwas schleifenden Generationswechsel» in seinem Team und freute sich natürlich, dass Marcel Nguyen auch bis zu seinen vierten Olympischen Spielen dabeibleiben wird.

«Sein starkes Gerät bleibt der Barren. Aber er hat nun das Problem mit der Stärke von Lukas Dauser», urteilte der Coach. Der Vize-Europameister von 2017 aus demselben Verein hatte zuletzt stets ein wenig sauberer geturnt als der zweimalige Barren-Champion Nguyen. «Damit muss Marcel nun klarkommen», meinte Hirsch schmunzelnd. Das sei für die Leistung besser als jede Beeinflussung durch den Trainer.

Nguyen, der als Sohn einer Deutschen und eines Vietnamesen mit vollem Vornamen Marcel Van Minh Phuc Long heißt, hat in seine starke Übung vom Weltcup in Stuttgart noch ein schwieriges Element (Diamidow) eingebaut, und könnte mit dem auf 6,6 gestiegenen Schwierigkeitsgrad noch näher an die Medaillenränge rücken und auch seinen Gefährten Dauser bedrängen. «Die Übung klappt bisher nicht immer, ich werde es versuchen. Aber ich weiß noch nicht, ob ich sie schon in der Qualifikation riskiere», meinte Nguyen.


(dpa)

(dpa)