Mit Deal oder ohne: Auswirkungen des Brexits auf den Sport

Frankfurt/Main – Mit Deal oder ohne Deal: Der Brexit wird auf den Sport und die Athleten in Europa und Großbritannien Auswirkungen haben.

Ob für deutsche Fußballspieler in der englischen Premier League, Leichtathleten auf Reisen mit sperrigem Gepäck zu Wettkämpfen oder im Kampf gegen Hooliganismus: Der Abschied der Briten wäre der Anfang von mehr Bürokratie, Erschwernissen und Unabwägbarkeiten, vor allem, wenn es zum chaotischen Bruch kommen sollte.

In der Premier League kommen 41 Prozent der Spieler aus EU-Ländern. Die Zahl ist genauso hoch wie die aus Großbritannien. 18 Prozent der Profis kommen aus anderen Ländern. «Bisher gilt für Spieler aus der EU ein freier Personenverkehr, weil Großbritannien Teil des Binnenmarktes ist», erklärt Folker Hellmund, Leiter des Büros des Europäischen Sports in Brüssel, das 50 Nationale Olympische Komitees, das Internationale Olympische Komitee und mehr als 30 Sportverbände vertritt. «Nach dem Brexit würden die EU-Spieler zu Spielern aus Drittländern werden, die eine Aufenthaltsgenehmigung brauchen.»

Wenn ein deutscher Spieler in der Premier League spielen will, könnte er nicht einfach einen Vertrag bei einem Club unterschreiben, sondern bräuchte erst eine Arbeitserlaubnis. «Möglicherweise kommt es aber nicht zu einem Handeln nach dem Prinzip: Was du mir nimmst, nehme ich dir auch», sagt Hellmund. Schließlich haben 2018 rund 850 000 Briten in EU-Ländern gearbeitet. «Da gibt es Hoffnung im ganzen Bereich der Arbeitnehmerfreizügigkeit – auch im Sport», meint er.

Unabhängig davon könnte der Brexit auch finanzielle Probleme nach sich ziehen. «Vorstellbar ist, dass der bisher schon sehr unter Druck geratene Kurs des Britischen Pfundes weiter nachgibt und Transfers und Gehaltszahlungen in anderen Währungen teurer würden», sagt Dagmar Freitag, die Chefin des Sportausschusses im Bundestag. «Ob Großbritannien daher insbesondere für Profisportler weiter so interessant wie in den vergangenen Jahren bleibt, gilt abzuwarten.»

Einschränkungen kann es für Sportler bei der Einreise nach und beimm Aufenthalt in Großbritannien geben – und umgekehrt für die Briten. Mit einem Schengenvisum können sich Sportler aus Drittstaaten 90 Tage bezogen auf einen Zeitraum von 180 Tagen in der EU aufhalten. «Dies könnte für deutsche Sportler, die länger in Großbritannien trainieren, ein Problem werden oder für britische Wintersportler, die mangels Schnee auf der Insel in EU-Ländern trainieren wollen», sagt Hellmund. Das Problem sei bei ukrainischen Biathleten aufgetreten, die mehr als 130 Tage in der EU sein wollten, da fast alle Wettbewerbe in der EU stattfinden.

Dies könnte den besten britischen alpinen Ski-Rennläufer Dave Ryding beeinträchtigen, der meistens auf den Pisten von Obergurgl oder der Reiteralm (beide in Österreich) trainiert. «Ich versuche einmal im Monat nach Hause zu fliegen, aber das klappt im Januar zum Beispiel nicht», berichtet der Slalomspezialist, der 2017 in Kitzbühel Zweiter geworden war. «Da bin ich meistens fünf Wochen am Stück unterwegs, bevor ich nach Hause komme.» Von der 90-Tage-Regel weiß er nichts. «Im Moment weiß ja nicht mal das Parlament, was passiert», meint Ryding, der gegen den Brexit ist: Ich will die EU nicht verlassen.»

Keine Probleme sehen die nordischen Ski-Sportler, die die meiste Zeit in Norwegen, das nicht zur EU gehört, leben und trainieren. «Deshalb sehen wir keine Auswirkungen für uns, es sei denn 30 Sekunden extra bei der Grenzkontrolle», sagte Verbandssprecher Bruce Murray. Diese Einschätzung teilt Hellmund nicht: «Es wird an der Grenze zu Großbritannien einfach alles langsamer, weil es Kontrollen mit langen Schlangen und zusätzlichen Restriktionen geben wird.»

Denkbar sind auch Konsequenzen für den Kampf gegen Hooligans im Fußball. «Das wäre ein gewaltiger Rückschlag, wenn Großbritannien und die EU die offizielle behördliche Kooperation reduzieren würde», mahnt Freitag. Das Bundesinnenministerium erwartet das aber nicht. «Es ist auszuschließen, dass Großbritannien, Mitinitiator und Mitgestalter des Netzwerkes, auf dieses Instrument zur Zusammenarbeit verzichten wird», teilte das BMI auf dpa-Anfrage mit.

Auch für die Fußball-EM 2020, die in zwölf Städten Europas stattfindet, werden keine Auswirkungen erwartet. «Die Europameisterschaften wurden 2008 (Schweiz) und 2012 (Ukraine) teilweise in Nicht-EU-Staaten ausgetragen. Auch hier erfolgte eine Zusammenarbeit», so das BMI.


(dpa)

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