Pyeongchang – Rekorde sind ja selten für die Ewigkeit. Wenn Noriaki Kasai aber sein irrwitziges Vorhaben, bis 2026 weiter zu springen, wirklich wahr macht, dürfte es schwer werden, den japanischen Skisprung-Methusalem noch einmal als Rekord-Teilnehmer bei Olympischen Winterspielen abzulösen.
In acht Jahren könnte der 45-jährige Kasai im Alter von 53 seine zehnten Spiele bestreiten. «Mein größter Traum ist immer noch, bei den Olympischen Spielen Gold zu gewinnen», sagt der Routinier. Und wenn das in Pyeongchang 2018 nicht klappt, muss er eben weiterspringen. Sein Fernziel ist 2026, wenn seine Heimat Sapporo Austragungsort sein könnte.
«Als ich 40 wurde, habe ich mich entschieden, bis 50 weiterzumachen», sagt Kasai, der in Pyeongchang bei der Eröffnung die Fahne seines Landes ins Stadion tragen durfte. Sapporo 2026 sei eine «zu große Chance, um vorzeitig aufzugeben». Der Japaner, der zum Zeitpunkt der Geburt von Olympiasieger Andreas Wellinger den Titel als Flug-Weltmeister schon wieder los war, erregt in der Sprung-Szene noch immer große Aufmerksamkeit.
Eine halbe Stunde steht er den japanischen Journalisten oft nach durchwachsenen Leistungen und Platzierungen zwischen 20 und 40 Rede und Antwort. Der Andrang ist groß wie bei kaum einem anderen Springer. Für die internationale Presse wird stets mit Übersetzer gearbeitet, weil Kasai nach all den Jahren noch immer nicht Englisch spricht. Für eine Überraschung ist er aber immer wieder gut. Im Alter von 41 gewann er in Sotschi olympisches Silber im Einzel und Bronze im Team. Aber eben noch nicht Gold.
Für viele im Skisprung-Feld dient der junggebliebene Dinosaurier der Schanzen als Vorbild. «Wenn ich mir von einem Kollegen ein Autogramm holen würde, dann von Noriaki Kasai», sagt Silber-Gewinnerin Katharina Althaus. «Aber da habe ich, glaube ich, noch mehr Möglichkeiten», fügt sie an und lacht. Vielleicht springt er, der 45-Jährige, sogar länger als sie, die 21 Jahre alte Frohnatur aus dem Allgäu.
Der Routinier aus Shimokawa hat vor fast 30 Jahren debütiert und gehört genauso zum Weltcup wie FIS-Renndirektor Walter Hofer und der unberechenbare Wind, über den die Springer sagen, man betreibe ja schließlich keine Hallensportart. «Ich glaube, ich bin insgesamt schon einmal um die Welt geflogen», sagt Kasai. Nicht ganz, aber «Die Zeit» hat errechnet, dass der Japaner bei 537 Weltcups etwa 156 Kilometer weit gesprungen ist. Das ist immerhin einmal von Berlin bis nach Leipzig, wenn man den von Kasai bevorzugten Luftweg nimmt. Alle Probe- und Trainingssprünge sind dabei noch gar nicht eingerechnet.
Erst im Vorjahr stand der japanische Flieger noch einmal auf dem Podest und stellte damit einen Rekord auf. Mit 44 Jahren schaffte es zuvor noch kein Skispringer auf das Treppchen. «Was mich antreibt, ist ganz einfach: Ich liebe das Skispringen», sagt der Teilnehmer von 105 Springen bei der Vierschanzentournee. Dabei strahlt er, wie eigentlich immer, wenn man ihn sieht. «Er ist mein Held. Ich versuche nur von ihm zu lernen», sagt Skiflug-Weltmeister Daniel Andre Tande aus Norwegen. Auch er war, wie könnte es anders sein, noch nicht auf der Welt, als Kasai diesen Titel 1992 in Harrachov eroberte.
(dpa)