Shenzhen – Die deutschen Basketballer starten mit großen Ambitionen in ihre erste Weltmeisterschaft nach der Ära von Dirk Nowitzki.
Experten wie der frühere Bundestrainer Dirk Bauermann trauen dem Team um Anführer Dennis Schröder in China sogar die zweite WM-Medaille für den Deutschen Basketball Bund überhaupt zu. Die Konkurrenz beim mit 32 Teams größten Weltturnier der Geschichte (31. August – 15. September) ist jedoch immens. Was spricht für einen deutschen Medaillencoup, was dagegen?
Gründe für eine Medaille:
TIEFE: So stark war eine deutsche Mannschaft in der Breite noch nie besetzt. Die Rekordzahl von vier Akteuren kommt aus der Profiliga NBA, Johannes Voigtmann wechselte diesen Sommer zum Euroleague-Champion ZSKA Moskau, auch weitere Spieler sind in der europäischen Königsklasse aktiv. In Maximilian Kleber (Dallas Mavericks), Daniel Theis (Boston Celtics), Danilo Barthel (FC Bayern) und Voigtmann besitzt Bundestrainer Henrik Rödl besonders auf den großen Positionen viel Auswahl. Hinter Schröder können gleich mehrere Profis heißlaufen und in einer Partie die Last als zweiter Topscorer übernehmen.
SCHRÖDER: Der 25-Jährige will führen – und darf es auch. Das deutsche Spiel hängt essenziell vom Aufbauspieler der Oklahoma City Thunder ab. Mit seiner Schnelligkeit ist Schröder auf internationalem Niveau kaum zu stoppen. Selbst wenn es einmal nicht läuft, besitzt er das Selbstvertrauen, um es immer weiter zu versuchen. Doch sollte Schröder in einer Krise stecken, holpert es meist im ganzen Team.
US-SCHWÄCHE: Bereits im Viertelfinale könnte ein Duell mit den eigentlich übermächtigen USA drohen. Der bislang letzte deutsche Sieg gegen die Amerikaner liegt 17 Jahre zurück – doch wenn der fünfmalige Weltmeister jemals schlagbar sein sollte, dann bei dieser WM. Zahlreiche Superstars wie LeBron James, Stephen Curry und James Harden haben abgesagt, in der Vorbereitung gab es die erste Niederlage seit knapp 13 Jahren, wenn NBA-Profis auf dem Parkett stehen.
Gründe gegen eine Medaille:
UNERFAHRENHEIT: Der Kern der Mannschaft spielt zwar schon seit mehreren Jahren zusammen und kennt sich auf hohem internationalen Niveau aus. Eine Weltmeisterschaft ist jedoch für fast alle Neuland. Bei der bislang letzten deutschen Teilnahme 2010, die durch eine Niederlage gegen Angola mit einem enttäuschenden Vorrunden-Aus endete, war aus dem heutigen Team lediglich Kapitän Robin Benzing dabei. Mehr als die Hälfte des Kaders hat bislang maximal ein großes Turnier absolviert, Kleber war im Erwachsenenbereich noch nie bei einer Europameisterschaft dabei.
AUSLOSUNG: Härter könnte der Weg zur Medaille nicht sein. In der Vorrunde wartet neben den Außenseitern Dominikanische Republik und Jordanien zum Start bereits Mitfavorit Frankreich. In der Zwischenrunde könnte es dann gegen die ambitionierten Teams aus Australien, Kanada oder Litauen gehen. Um die K.o.-Runde der besten Acht zu erreichen, darf sich das Rödl-Team voraussichtlich maximal eine Niederlage aus drei Partien gegen Top-Mannschaften leisten.
DEFENSIVE: Beim eindrucksvollen 74:64 gegen Australien in der Generalprobe war die deutsche Verteidigung voll da. Bei den vorigen Tests haperte es jedoch ein ums andere Mal an der Intensität über 40 Minuten. Gegen die international unterklassigen Japaner kassierte die DBB-Auswahl 86 Punkte, zum Start des Asien-Trips erzielte Tunesiens NBA-Center Salah Mejri 30 Punkte und war selten zu stoppen. Beides kann aber auch noch an der Umstellung auf die andere Zeitzone gelegen haben.
(dpa)