Hannover – Der Bedeutungsverlust des deutschen Fußballs schlägt sich auch auf dem internationalen Transfermarkt nieder. «Made in Germany» ist im Ausland derzeit kein Gütesiegel mehr, Spieler aus der Bundesliga sind meist nur zweite Wahl.
Ein Königstransfer eines deutschen Spielers fehlt in diesem Sommer noch, statt Barcelona, Liverpool oder Paris heißen die neuen Clubs der deutschen Profis nur Fulham, Crystal Palace oder Moskau.
Lediglich Emre Can, von Bundestrainer Joachim Löw nicht für die am Ende desaströse WM-Mission in Russland nominiert, fand einen neuen Arbeitgeber mit klangvollem Namen. Vom FC Liverpool zog es ihn zu Juventus Turin, wo er in der kommenden Saison mit einem gewissen Cristiano Ronaldo zusammenspielen darf.
Doch ansonsten bewegen sich die neuen Vereine der ins Ausland gewechselten Bundesliga-Profis eher im Mittelklasse-Segment. Sinnbildlich für die stark nachgelassene Nachfrage nach Spielern aus Deutschland stehen André Schürrle, Benedikt Höwedes und Max Meyer. Sie alle haben eine durchwachsene Zeit hinter sich. Doch sie und ihre Berater waren lange dennoch felsenfest überzeugt davon, dass es auf dem seit einigen Jahren völlig überhitzten Transfermarkt schon adäquate Clubs für sie geben würde.
Schürrle und Höwedes sind immerhin Weltmeister und mangels Nominierung auch nicht für das Desaster von Kasan verantwortlich zu machen. Meyer gewann mit der DFB-Elf vor zwei Jahren in Rio de Janeiro die Silbermedaille und zählte im vergangenen Jahr zu jenem U21-Team, dem nach dem Gewinn der Europameisterschaft mancher Experte nahezu den kompletten Übergang in Löws WM-Kader 2018 prophezeite. Meyers Berater Roger Wittmann sah in seinem Schützling gar einen Profi mit Zeug zum «Weltklassespieler» – und war mit seiner Einschätzung so weit von der Realität entfernt wie die DFB-Elf in Russland von der Titelverteidigung.
Denn bei den europäischen Topclubs hatte niemand das Trio auf dem Zettel. So kickt Schürrle in der neuen Spielzeit beim FC Fulham, gerade erst wieder in die englische Premier League aufgestiegen. Meyer steht vor einem Engagement bei Crystal Palace, blasser Elfter der vergangenen Saison. Und Höwedes wechselte in die international bedeutungslosen russischen Liga zu Meister Lokomotive Moskau, der immerhin in der Champions League spielt. Finanziell braucht man sich um die drei Profis keine Sorgen zu machen – sportlich bedeuten die Wechsel aber eher Ab- denn Aufstieg.
Die Transfers zeigten, «dass man sich auf dem verführerischen neuen Markt auch verlaufen kann», schrieb die «Süddeutsche Zeitung» am Donnerstag. Und ohne den Glanz von Weltmeistertitel und Erfolgen in der Champions League ist die Marke Deutschland international eben nur noch wenig gefragt. Aus dem WM-Kader wird nur Jérôme Boateng bei Topclubs wie Paris St. Germain gehandelt. Der Rest der abgestürzten Weltmeister hat durch seine blassen Auftritte in Russland bei niemandem Interesse geweckt.
(dpa)