Wiesbaden – Große Experimente plant Stefan Kuntz mit seiner U21 nicht mehr. Zweieinhalb Monate vor Beginn der Europameisterschaft in Polen will der Trainer der deutschen Nachwuchsfußballer seinen EM-Kader finden und die beginnende entscheidende Phase der Vorbereitung nutzen.
«Für uns geht es jetzt darum, gewisse Dinge zu testen, uns einzuspielen und als Team zu entwickeln», sagte Kuntz vor den letzten beiden EM-Testspielen gegen England am Freitag (20.00 Uhr) in Wiesbaden und vier Tage später in Stuttgart gegen Portugal (18.00 Uhr).
Nach gut einem halben Jahr im Amt liegt Kuntz‘ Fokus darauf, seine Stammformation für die EM zu finden. Nicht zuletzt deshalb kehren nun mehrere Spieler in den U21-Kader zurück, die zuletzt Erfahrungen in der A-Nationalmannschaft sammeln durften. «Es war mir sehr wichtig, die Länderspiele größtenteils mit den Spielern anzugehen, mit denen wir im Sommer auch eine erfolgreiche EM spielen können», sagte Kuntz.
Max Meyer, Leon Goretzka, Benjamin Henrichs und Yannick Gerhardt kehren für die Testpartien in die U21 zurück. Dazu kommen etablierte Bundesliga-Profis wie Weltmeister Matthias Ginter, Maximilian Arnold, Mitchell Weiser oder Davie Selke. «Bis zur Nominierung Ende Mai kann viel passieren. Aber ich würde sagen: Zu 80 Prozent ist das mein EM-Aufgebot», sagte Kuntz dem «Wiesbadener Kurier».
Die EM-Qualifikation beendete das deutsche Team mit zehn Siegen aus zehn Partien, die DFB-Auswahl gilt als einer der großen Favoriten für die EM (16. bis 30. Juni) und nimmt diese Rolle selbstbewusst an. «Wir haben eine Riesen-Qualität. Es liegt an uns», sagte Stürmer Selke. Kuntz betonte: «Wir sind definitiv einer der Mitfavoriten. Aber das gilt auch für andere wie England und Portugal – deswegen testen wir ja jetzt gegen sie». Die Partien seien «echte Gradmesser».
Für Kuntz geht es nun auch darum, gemeinsam mit Bundestrainer Joachim Löw an den Kadern für die U21-EM und den gleichzeitig stattfindenden Confed Cup im Juni zu basteln. «Die enge Zusammenarbeit zwischen dem Bundestrainer und der U21 ist sehr wichtig», sagte DFB-Sportdirektor Horst Hrubesch. «Gemeinsam haben wir uns Gedanken darüber gemacht, für welchen Spieler welche Einladung am meisten Sinn macht.» Im Mai sollen dann gemeinsam die endgültigen Entscheidungen getroffen werden. «Bis dahin kann noch viel passieren», sagte Kuntz.
Die U21-Profis haben nun noch einmal die Chance, sich auch für einen Einsatz beim Confed Cup zu empfehlen. «Die primäre Aufgabe der U21 ist ja, die Spieler für die A-Nationalmannschaft vorzubereiten», sagte Kuntz. So wurde U21-Spieler Timo Werner von RB Leipzig erstmals von Bundestrainer Löw nominiert und debütierte am Mittwochabend beim 1:0 gegen England. «Das ist definitiv ein Sprungbrett», sagte Selke.
Das Turnier in Polen und ein möglicher Titelgewinn könnten nach Ansicht von Kuntz wichtige Erfahrungen für die Nachwuchs-Profis sein. «Ich würde den Spielern schon gerne das Gefühl mitgeben, wie es ist, einen Titel zu holen», sagte der Europameister von 1996. Die EM könne für alle jungen Profis ein «wichtiger Entwicklungsschritt» sein.
Für einige Spieler sei es sinnvoller, bei der EM Verantwortung zu übernehmen, anstatt beim Confed Cup als Ergänzungsspieler auf der Bank zu sitzen. «Ich habe das Gefühl, dass Jogi Löw auch diese Chance sieht, dass sich die Spieler bei so einem Turnier super vorbereiten können auf die nächste WM oder EM», sagte er. Bei der U21 müssten sie «selbst in die Bresche springen, Verantwortung übernehmen».
(dpa)