Frankfurt/Main – Das Berliner Olympiastadion kennt Niko Kovac wie seine Westentasche. Dort spielte er acht Jahre lang für Hertha BSC und feierte 2003 mit Bayern München den Cupsieg.
Dennoch wird der Trainer von Eintracht Frankfurt sein früheres Wohnzimmer an diesem Samstag um kurz vor Acht mit einem Gänsehautgefühl betreten.
Das Endspiel um den DFB-Pokal gegen Borussia Dortmund ist für den in Berlin geborenen Kovac die vorläufige Krönung seiner jungen Karriere als Vereinstrainer. «Es ist für jeden ein besonderes Erlebnis», sagt er. «Ich habe das ja schon als Spieler erleben dürfen. Aber dass ich das nach so kurzer Zeit auch als Trainer geschafft habe, macht mich stolz.»
Als Sohn kroatischer Eltern wuchs der 45-Jährige im Berliner Stadtteil Wedding auf, wo er auch das Fußballspielen lernte. Von 1991 bis 1996 kickte er für Hertha in der 2. Bundesliga. Nach den Stationen Leverkusen, Hamburg und München kehrte er im Sommer 2003 noch einmal für drei Jahre zurück in seine Heimatstadt, zu der er bis heute eine enge Bindung hat. «Ich habe den Großteil meines Lebens dort verbracht, meine Schwiegereltern leben noch dort», sagt Kovac. «Ich werde viele Verwandte und Freunde treffen.»
Ein Familienausflug wird der Berlin-Trip aber nicht. Dafür ist Kovac viel zu ehrgeizig. Immerhin kann er nach dem Pokalsieg als Bayern-Spieler die Trophäe nun auch als Trainer gewinnen – das gelang in der Historie bisher nur Jupp Heynckes, Thomas Schaaf, Aki Schmidt und Ludwig Janda.
Seit Wochen bastelt Kovac an einem Masterplan, wie die Eintracht dem großen Favoriten aus Dortmund ein Bein stellen und den ersten Pokal-Triumph seit 29 Jahren perfekt machen kann. «Wir sind Außenseiter, aber es gab in der Geschichte auch schon Siege von David. Hoffentlich werden wir das diesmal auch schaffen», sagt Kovac.
Ein Erfolg über den BVB käme einem Fußball-Märchen gleich. Als Kovac am 8. März 2016 die Nachfolge von Armin Veh antrat, stand die Eintracht als Tabellen-16. am Bundesliga-Abgrund. In der Relegation gegen den 1. FC Nürnberg wurde der Absturz vermieden – und Kovac nicht nur als Retter, sondern auch als fairer Sportsmann gefeiert. Weil er im Moment des Jubels zunächst die enttäuschten «Club»-Spieler tröstete, wurde er später vom Deutschen Olympischen Sportbund mit dem Fair-Play-Preis geehrt.
Ehrlichkeit, Offenheit, Toleranz und Respekt sind Werte, die im Leben des Familienvaters eine große Rolle spielen. Selbst in hitzigen Momenten einer Partie versucht er, danach zu handeln. Verbale Scharmützel oder wildes Gestikulieren an der Seitenlinie sind nicht sein Ding. Das Verhältnis zur Mannschaft, die in dieser Saison nach einer tollen Hinrunde und einer schwachen Rückrunde auf Rang elf landete, scheint intakt. «Er hat eine Weltauswahl zum Team geformt. Das ist eine großartige Leistung», würdigte unlängst sogar DFB-Präsident Reinhard Grindel die erfolgreiche Arbeit von Kovac.
Der frühere Auswahlcoach Kroatiens hat sich damit auch für andere Vereine interessant gemacht. «Natürlich ist er begehrt, das wissen wir auch», sagt Sport-Vorstand Fredi Bobic. Nervös werden muss er deshalb nicht, denn Kovac leistete just einen Treueschwur: «Ich habe noch zwei Jahre Vertrag und bleibe hier.»
(dpa)