Kontroverse um «Hall of Fame»-Kandidaten Schur und Drechsler

Frankfurt/Main – Die mögliche Aufnahme der früheren DDR-Sportler Gustav-Adolf «Täve» Schur und Heike Drechsler in die «Hall of Fame» der Deutschen Sporthilfe hat eine Kontroverse entfacht.

Wie die «Frankfurter Allgemeine Zeitung» berichtete, warnt der ehemalige Langlauftrainer und Doping-Gegner Henner Misersky davor, dass der deutsche Sport mit diesen Auszeichnungen «seine Lebenslüge» weiter zementiere.

Auch Ines Geipel, Vorsitzende der Doping-Opfer-Hilfe, protestierte vor allem gegen die Aufnahme von Schur, mit der man «die Ehrenhalle implodieren» lassen würde. «Es beschädigt die Fair-Play-Sportler, die schon drin sind.» Bereits 2011 gehörte Radport-Idol Schur zu den Anwärtern auf die «Hall of Fame», wurde aber abgelehnt.

«Täve» Schur, Rad-Weltmeister von 1958 und 1959 sowie von 1958 bis 1990 Abgeordneter der DDR-Volkskammer, kultiviert laut Misersky bis heute seine Treue zum Unrechtsstaat DDR. Die einstige Weitspringerin Heike Drechsler, Weltmeisterin von 1983 und 1993 sowie Olympiasiegerin 1992 und 2000, sei durch Doping sowie Stasi-Mitarbeit disqualifiziert, kritisierte Misersky. Drechsler, die ebenfalls Abgeordnete in der Volkskammer war, wies die Vorwürfe stets zurück.

«Der Deutschen Sporthilfe als Initiator ist bewusst, dass die Hall of Fame des deutschen Sports aufgrund der Geschichte Deutschlands eine besondere Herausforderung ist», heißt es in einer Stellungnahme der Sporthilfe. «Mit der Einrichtung und Weiterentwicklung der Ruhmeshalle ist ein Erinnerungs- und Aufklärungsprozess in Gang gekommen, der auch unangenehme Wahrheiten nicht verschweigen soll.» Die sportlichen Erfolge der aufgenommenen Persönlichkeiten würden stets im Kontext ihrer jeweiligen Zeit dargestellt, und auch etwaige Verfehlungen würden benannt, um Diskussionen anzuregen.

«Wenn man konsequent zu Ende denkt, gibt es auch kein Argument mehr, warum nicht Stasi-Chef Erich Mielke posthum unter der Rubrik besondere Persönlichkeiten in die Hall of Fame aufgenommen wird», sagte Geipel der «Frankfurter Allgemeine Zeitung». Schließlich habe er auch «viel für die Entwicklung des DDR-Sports» getan.

Zur Wahl für die «Hall of Fame» sind diesmal der Jury fünf Kandidaten vorgeschlagen worden, die zwischen Sporthilfe, Deutschen Olympischen Sportbund und dem Verband Deutscher Sportjournalisten abgestimmt wurden, hieß es in der Sporthilfe-Mitteilung.

Neben Drechsler und Schur gehören noch Sven Hannawald (Skispringen), Franz Keller (Eisschnelllauf) und Lothar Matthäus (Fußball) zu den Anwärtern. «Die Vorschläge wurden mit der nötigen Sorgfalt analysiert und auf Unbedenklichkeit überprüft», erklärte die Sporthilfe. «Das 50-jährige Jubiläum unserer Stiftung, das am 26. Mai ansteht, und die Bedeutung der deutschen Einheit für den Spitzensport bilden die Klammer zur diesjährigen Vorschlagsliste.»

Die Wahlunterlagen für die Aufnahme in die «Hall of Fame» seien vor einigen Wochen an die Jurymitglieder verschickt, die Wahl laufe noch. Die Wahl werde als Ja/Nein-Abstimmung durchgeführt. Gewählt sind jeweils die Kandidaten, die mindestens von der Hälfte der abstimmenden Jury-Mitglieder eine Ja-Stimme erhalten. Ein Datum, bis zu dem die Abstimmung beendet sein muss, gebe es nicht.


(dpa)

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