Berlin – Ein Jahr nach dem Olympia-Debakel machen die deutschen Schwimmer nur wenig Hoffnung für die WM.
Im Jahr eins nach dem Rücktritt von Weltrekordler Paul Biedermann verpasste sogar Weltmeister Marco Koch die harte WM-Norm, für Freude sorgten dagegen Lagenspezialist Philip Heintz und Schmetterlingsschwimmerin Franziska Hentke mit Weltjahresbestzeiten. Die vereinzelten Topleistungen täuschten bei den deutschen Meisterschaften in Berlin aber nicht darüber hinweg, dass nur drei der Etablierten die verschärften WM-Normen in der offenen Klasse knackten – neben Heintz und Hentke noch Lisa Graf.
Nur ein Mini-Team wird zur WM nach Budapest in einem Monat reisen. Als Weltmeister darf Koch auch ohne Norm mit der Nominierung rechnen. «Das war alles was drin war, mehr ging nicht heute», sagte Koch am Sonntag. «Aber diese 2:08 sind kein Schmutz.» Seine Finalzeit von 2:08,69 Minuten über 200 Meter Brust brachte ihm wenigstens die Titelverteidigung. Schon vor dem Finale hatte Chefbundestrainer Henning Lambertz dem 27-Jährigen «eine ganz besondere Position» in der Mannschaft zugesprochen. «Ich möchte ihn im Team haben.»
Ihren Platz dort sicherte sich mit deutschem Rekord auch Rückenschwimmerin Lisa Graf. Über 200 Meter schlug die 24-Jährige nach 2:07,63 Minuten an und blieb damit rund eine Sekunde unter der geforderten Zeit. Es war insgesamt die fünfte nationale Bestzeit der Titelkämpfe. Vor Graf waren schon Jessica Steiger, Alien Schmidtke und zweimal Heintz deutschen Rekord geschwommen.
Trotz des Karriereendes von Biedermann, Steffen Deibler, Marco Di Carli und Florian Vogel hatte Chefbundestrainer Henning Lambertz auf mehr Norm-Erfüller gehofft. Ein halbes Dutzend sollte es sein.
Weil daraus nichts wurde und zudem viel weniger jüngere Athleten als von ihm erhofft überzeugten, wird Deutschland vom 14. bis zum 30. Juli wohl mit den wenigsten Schwimmern seit der Wiedervereinigung bei den Weltmeisterschaften in Budapest antreten. «Ich tippe darauf, dass wir irgendwo zwischen zehn und 14 landen werden», sagte Lambertz. 15 bis 20 waren anvisiert, insgesamt schafften nur sieben die Norm.
Gerade von den U23-Schwimmern, die erleichterte WM-Normen unterbieten mussten, hatte sich der Trainer deutlich mehr versprochen. Nur vier U23-Schwimmer lösten das Ticket: Der 22-jährige Poul Zellmann über 400 Meter Freistil, der ein Jahr jüngere Damian Wierling auf der 50-Meter-Freistil-Strecke, Florian Wellbrock (19) über 1500 Meter Freistil und die erst 16 Jahre alte Freistilschwimmerin Celine Rieder über die 800-Meter-Distanz. Vor den deutschen Meisterschaften hatte Lambertz gesagt, er hoffe, «dass zehn bis zwölf junge U23-Schwimmer ins WM-Team vorstoßen».
Wenige Leistungen stimmten aus Sicht des deutschen Schwimmens in der Hauptstadt zuversichtlich. Doch es gab sie, die Lichtblicke. Franziska Hentke war über 200 Meter Schmetterling in 2:06,18 Minuten so schnell, wie noch keine Frau vor ihr in diesem Jahr. Und den Auftritt von Heintz, der auf der 200-Meter-Lagenstrecke in 1:55,76 Minuten Weltjahresbestzeit und deutschen Rekord geschwommen war, bezeichnete Lambertz als «das Highlight schlechthin».
Heintz selbst hatte nach seinem Triumph scherzhaft gesagt: «Eigentlich müsste ich jetzt meine Karriere beenden. Ich habe gesagt, wenn ich 1:55 schaffe, kann ich aufhören.» Daran denkt er natürlich nicht wirklich. Stattdessen gehört er zu den wenigen Medaillenkandidaten des Deutschen Schwimm-Verbands für die WM.
(dpa)