Basel (dpa) – Fragen an Jürgen Klopp nach dem 1:3 des FC Liverpool im Europa-League-Finale gegen den FC Sevilla.
Wie erklären sie sich die zweite Halbzeit?
Jürgen Klopp: Das erste Tor von Sevilla hatte einen großen Einfluss auf unser Spiel. In diesem Moment haben wir den Glauben an uns und unsere Spielweise verloren. Inzwischen bin ich auch sehr oft auf die Elfmetersituationen angesprochen worden. Ich glaube es gab heute vier wegweisende Entscheidungen, vielleicht sogar mehr, die alle gegen uns gepfiffen wurden. In einem Finale, wenn es so eng ist, da brauchst du dann eben auch Glück. Das hatten wir nicht. In ein paar Tagen oder Wochen sehen wir etwas klarer und können diese Erfahrungen nutzen. Wir haben den Europapokal jetzt verpasst. Wir werden kommende Saison donnerstags also keine Spiele mehr haben, die Zeit können wir zum Trainieren nutzen.
Hat es sie überrascht, wie ihre Spieler in der zweiten Hälfte agiert haben?
Klopp: Ich habe es gesehen und versucht es zu ändern. Aber nicht nur das Team war geschockt durch diese Situation, auch die Zuschauer. In dem Moment hat sich alles verändert. Bis zum 1:1 hatten wir eine großartige Atmosphäre, aber dann hat Sevilla das Spiel übernommen. Es ist nie gut, direkt nach der Halbzeit ein Tor zu bekommen. Aber du hast 44 Minuten Zeit zu reagieren, also wo ist das Problem? Unsere Reaktion war das Problem. Wir müssen daraus lernen und auf solche Situationen besser reagieren. Da geht es dann auch um Selbstkritik. Es ist meine Aufgabe, den Spielern dabei zu helfen, besser zu reagieren.
Sie waren nach dem 3:1 sehr aufgebracht an der Seitenlinie, weil der Schiedsrichter seinen Assistenten überstimmt hat. Fühlt man sich da eines Traumes beraubt?
Klopp: So oft ist es noch nicht vorgekommen, dass ein Schiedsrichter den Linienrichter überstimmt. Da haben mir aber alle nach dem Spiel gesagt, dass es die richtige Entscheidung war. Es ist bislang so, dass keine Fehlentscheidung in keinem Finale je zu meinen Gunsten war. Das wird sich auch ändern. Wir müssen nur noch ein paar mal in ein Finale kommen. Aber: Nummer eins aller Maßnahmen nach einem verlorenen Spiel ist Selbstkritik. Und die ist noch nicht abgeschlossen.
Das war ihr letztes Spiel einer langen ersten Saison mit Liverpool. Wo stehen sie derzeit?
Klopp: Wir müssen die Zeit nutzen, um zu trainieren. Für einige steht noch die Europameisterschaft an, ich hoffe von da kommen alle gesund zurück. Klar wird sich das Team auch verändern, wir werden etwas auf dem Transfermarkt tun. Aber zu allererst müssen wir diese Erfahrung nutzen. Wir werden wieder in einem Finale stehen, es wird wieder wegweisende Entscheidungen geben. Da müssen wir dann besser reagieren.
Sie haben jetzt das fünfte Pokalfinale nacheinander verloren, dennoch sagt jeder, Sie sind ein guter Trainer. Ist Fußball unfair?
Klopp: Unfair, ich weiß nicht. Es gibt wichtigere Dinge als Fußball im Leben. Ich glaube auch nicht, dass Gott sich vorgenommen hat, mich ins Finale zu lassen und mir dann jedes Mal einen Schlag zu geben. Manchmal ist der Weg eben etwas schwerer. Ich hatte schon viel Glück in meinem Leben, ich sitze hier und bin Trainer des FC Liverpool. Ich denke nicht, dass ich eine unglückliche Person bin oder das Leben nicht fair zu mir war. Heute war ich nicht glücklich, das stimmt. Aber wir machen weiter, ich mache weiter, und es wird ein nächstes Finale kommen. Es gibt größere Probleme im Leben als dieses hier. Auch wenn es sich im Moment nicht so anfühlt. Es ist hart.
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(dpa)