Sotschi – Im brütend heißen Sotschi erteilte WM-Rekordtorschütze Miroslav Klose den wenige Meter neben ihm schwitzenden Timo Werner und Mario Gomez einen klaren Arbeitsauftrag.
«Es ist wichtig, dass wir in die Box kommen», sagte der Offensivtrainer von Joachim Löw. Ob Hochgeschwindigkeitsstürmer Werner oder doch Routinier Gomez am Samstagabend gegen Schweden als Startelfspieler das drohende WM-Aus abwenden soll, ist für Klose nicht die entscheidende Frage. «Es ist mir egal, ob das ein großer Robuster oder ein kleiner Wendiger ist», sagte der 40-Jährige.
Klose war der Mann, der den Strafraum, also die «Box», liebte und beherrschte. Er ließ Deutschland bei vier Weltmeisterschaften über insgesamt 16 Turniertore von ihm jubeln. Umso mehr wurmte ihn das 0:1 gegen Mexiko, der erste deutsche Torlos-Auftritt bei einer WM seit acht Jahren. «Die Wege in die Tiefe und die Laufbereitschaft waren gegen Mexiko zu wenig», beklagte der frühere Torjäger.
Gegen Schwedens Abwehrbollwerk muss der deutsche Angriff mehr Wirkung zeigen als zum Turnierstart. «Wir hatten zwar ein paar Chancen gegen Mexiko, aber trotzdem war das Gefühl immer so, als wären wir sehr ungefährlich gewesen», räumte der 22-jährige Werner ein. Er trägt bei seiner ersten WM gleich die Nummer 9 auf dem Rücken, das Trikot der großen Mittelstürmer. «Wir müssen torgefährlicher werden und Tore schießen», weiß der junge Angreifer von RB Leipzig.
Acht Treffer glückten Werner in 15 Länderspielen. Im Raketentempo erspielte er sich einen Stammplatz im Weltmeister-Ensemble. «Er ist für unsere Mannschaft ein wichtiger Spieler geworden», sagte Löw. «Seine wichtigste Fähigkeit ist, dass er eine große Schnelligkeit mitbringt und einen sehr direkten Zug zum Tor hat.»
Als Gewinner des Goldenen Schuhs mit drei Treffern beim Confed Cup trumpfte Werner vor einem Jahr in Russland international groß auf. 47 Tore in 158 Bundesligaspielen sind für einen 22-Jährigen auch eine Topbilanz. Doch auf der größten Bühne, auf der die Superstars Cristiano Ronaldo oder Harry Kane gleich zum WM-Auftakt losballern, zündete Turbo-Werner beim Debüt noch nicht. «Die Stimmung war außergewöhnlich, sowas habe ich nie erlebt, das war schon ein super Gefühl», schilderte Werner seine ersten Turniermomente. «Das hat Lust auf mehr gemacht. Deswegen wäre es schade, wenn es schon nach drei Spielen zu Ende wäre.»
Werner kann entscheidend mithelfen, dass es nicht zu einem frühen deutschen Aus kommt. Gegen die kantigen Schweden kann er zeigen, wie weit er im Jahr nach seinem Länderspieldebüt ist. Wenn er zum deutschen WM-Liebling avancieren würde, wäre das schon ein bisschen kurios. Denn wegen einer Schwalbe in der Bundesliga wurde Werner lange ausgepfiffen und beleidigt. Doch das ist Vergangenheit.
Die Zukunft heißt Schweden. Werner gilt für Samstag (20.00 Uhr) weiterhin als erste Option. Der robustere Gomez (76 Länderspiele, 31 Tore) steht wohl wieder als Joker bereit. «Der Trainer wird sich was überlegen», sagte der 32 Jahre alte Stuttgarter zurückhaltend. «Ich werde sicherlich nicht irgendwelche Rollen verteilen.» Beide Stürmer zusammen auf dem Feld, das sei eher in der Schlussphase «eine Option», glaubt Werner.
(dpa)