Berlin – Für Geschenke-Shopping in letzter Minute lässt der Bundesliga-Plan den Aktiven dieses Jahr keine Zeit.
Erstmals müssen die Profis in beiden höchsten Spielklassen bis zum Tag vor Heiligabend ran – fehlende Besinnlichkeit oder notwendige Professionalität? Die Hatz mit der vorweihnachtlichen Englischen Woche ist zumindest Ausdruck der immer größeren Terminnot im Weltfußball und sorgt für Ärger, aber auch Verständnis in der Liga.
Für die Präsente sei ohnehin seine Frau zuständig, bekannte Eintracht Frankfurts Coach Adi Hütter mit einem Augenzwinkern. Er selbst steht noch beim Spitzenspiel gegen den FC Bayern am Samstagabend an der Seitenlinie. Und Urs Fischer, mit Union Berlin noch am 23. Dezember im Auswärts-Einsatz, führte die Suche nach einem Geschenk für seine Frau kurzerhand wenige Meter von seinem Büro in den Fanshop der Köpenicker: «Ich habe auch schon was gekauft, sage aber nicht was – es soll ja ein Geschenk sein.»
Der Zweitligist ist dabei besonders von der ungewohnten Terminierung betroffen, nur wenige Stunden nach Abpfiff bei Erzgebirge Aue steigt im heimischen Stadion An der Alten Försterei das traditionelle Weihnachtssingen. Dem Antrag für einen alternativen Termin konnte die Deutsche Fußball Liga nach Angaben des Clubs wegen der Komplexität des Spielplan-Terminierung nicht nachkommen.
«Das ist die klassische Ignoranz der Spieltagsplaner», kritisierte Jochen Grotepaß von der Fan-Interessengemeinschaft «Unsere Kurve». Der Anhänger des 1. FC Kaiserslautern war selbst dabei, als die Pfälzer 2013 zum Zweitligaspiel am Montagabend, 23. Dezember 2013, nach Ingolstadt reisen mussten und auf der Rückfahrt in ein Schneechaos gerieten. «Das kann kein Fan gut finden. Die Auswärtsfans sind die Gelackmeierten», sagte Grotepaß der Deutschen Presse-Agentur.
Vor sechs Jahren, als der 23.12. zuletzt auf einen Sonntag fiel, verzichtete das Oberhaus noch wie gewohnt auf einen Spieltag. In den 70er Jahren gab es zwischen den Jahren vereinzelt Bundesliga-Nachholspiele. In der DDR-Oberliga wurde beispielsweise 1971 sogar ein ganzer Spieltag am 26. Dezember ausgetragen.
Nun beschließt erst 1899 Hoffenheim kurz vor 20.00 Uhr das Fußballjahr gegen den FSV Mainz 05. Klagen wollen die Kraichgauer darüber aber nicht. «Ich glaube, so schlecht geht es dem Fußballprofi an sich nicht, der kann auch am 23. mal spielen», sagte Coach Julian Nagelsmann und verglich die Lage mit seinen alten Kumpels, die in Handwerksberufen arbeiten: «Die gehen direkt unter den Weihnachtsbaum. Die kriegen es auch hin, also werden wir es auch hinkriegen.»
Anderen Athleten sind die knappe Weihnachtsruhe hingegen bereits gewohnt. Die Deutsche Eishockey Liga und Basketball Bundesliga gönnen ihren Akteuren nur am Heiligabend und 1. Weihnachtstag spielfrei, auch im Wintersport gibt es kaum Zeit zum Durchatmen. «Fußball ist megageil. Aber die sollen sich mal hinterfragen», sagt Spitzen-Speedfahrer Josef Ferstl über die Diskussion in der Bundesliga. «Die haben das Glück, Fußballer zu sein, einen Haufen Kohle zu verdienen. Die sollen das mal mehr wertschätzen, was sie eigentlich haben. Uns geht es allen nicht schlecht. Das ist Jammern, das braucht es nicht.»
Zumindest aus Sicht von Frankfurts Sportdirektor Bruno Hübner beeinträchtigt der Spielplan aber den ursprünglichen Sinn der Festtage. Seine Söhne Benjamin (Hoffenheim) und Florian (Union Berlin) spielen noch am 23. Dezember. «Das ist einfach zu nah am Weihnachtsfest und das sollte man – und wir sind gläubig – auch mal respektieren», kritisiert Hübner. «Weihnachten sollte man ein bisschen mit mehr Abstand genießen können – als mit einem gefühlten halben Tag.»
Auch im Rahmenterminkalender für die kommende Saison ist bereits ein Doppel-Spieltag in der Woche vor Weihnachten angesetzt. Zumindest etwas mehr Besinnlichkeit wird es in der Bundesliga aber dennoch geben: Der 23. Dezember fällt 2019 auf einen Montag.
(dpa)