Jana Schneider: Deutsche Schachmeisterin mit 14 Jahren

Eußenheim – Als sie gerade einmal vier Jahre alt war, spielte Jana Schneider bereits zum ersten Mal Schach. Damals hüpfte das Mädchen noch selbst als Springer über das große Schachfeld auf dem Boden.

Heute zieht sie die kleinen Figuren routiniert über das Brett – und bringt damit nicht selten ihre Gegner zur Verzweiflung. Die Schülerin aus dem bayerischen Eußenheim (Landkreis Main-Spessart) ist zum Profi geworden.

Dem Verspielten ist das Strategische gewichen. Und ihr unbedingter Wille zum Sieg hat sie schon zu etlichen Titeln geführt. Nun ist ihr der nächste Coup gelungen: Kurz vor ihrem 15. Geburtstag wurde die Fränkin deutsche Schachmeisterin. Jünger war nur Elisabeth Pähtz bei ihrem Titelgewinn 1999. Pähtz wurde später noch Junioren-Weltmeisterin.

Den frühen Ausflug in die Schachwelt hat Jana Schneider ihrem Vater zu verdanken. Er ist Schuldirektor und leitete damals auch Schachgruppen für Kinder. Vor zehn Jahren hatte er mit Kollegen über den Einfluss des Denkspiels schon auf kleine Kinder diskutiert. Also probierte er es einfach mit seiner Tochter und anderen Kindergartenkindern aus. «Es ging darum, das Schachspiel mit den Augen eines Kindes zu sehen», erinnert sich Vater Ingo. Also wurde wie ein Pferd gehüpft, wie eine Dame stolziert und wie ein Bauer getrampelt. «In der Gemeinschaft der Schulschach-AG hat Jana schließlich Schritt für Schritt das Spiel gelernt.»

Mittlerweile hat sie ihren Vater locker überflügelt. Schon als Siebenjährige nimmt sie an der deutschen Jugendmeisterschaft teil, mit acht Jahren ist sie Nationalspielerin in ihrer Altersklasse und wird EM-Zweite. Seit vielen Jahren mischt sie an der Spitze mit. Die unzähligen kleinen und großen Pokale und Medaillen finden im Glasschrank in ihrem Kinderzimmer kaum noch Platz. Nun ist noch einer dazu gekommen, der fast einen halben Meter hoch ist. Der Pokal für die deutsche Schachmeisterin der Frauen.

Mittlerweile kommen Jana und ihr Vater nur noch selten dazu, gemeinsam am Wohnzimmertisch Schach zu spielen. Dafür ist die Teenagerin auch viel zu oft unterwegs. Sie reist seit Jahren von einer Meisterschaft zur nächsten, spielt bei der Schach-Olympiade mit und fährt zu offenen Wettbewerben. Wenn sie zu Hause ist, dreht sich weiterhin fast alles um Schach: Dann liest sie Taktikbücher, übt am Computer Eröffnungen, Züge, Muster und Stellungsspiel. Zwei Stunden in der Woche übt sie außerdem über das Internet mit ihrem Trainer. «Das Schachspiel ist schon ein richtiger Teil von mir geworden», sagt sie.

Auch Bundesnachwuchstrainer Bernd Vökler kennt ihre ehrgeizige Seite. «Jana zeichnet ihr unbändiger Kampfeswille aus. Sie spielt sehr modern und ist auf dem neuesten Stand der Theorie. Das macht richtig Spaß, ihre Partien zu verfolgen», sagt er. Jana spiele eben nicht die lang erprobten Varianten der Altmeister, sondern baue auch überraschende Züge ein.

Im Moment ist die Fränkin in der Altersklasse U16 in den Top Ten der Schach-Weltrangliste. «Damit ist sie durchaus sehr, sehr beachtlich positioniert», sagt Vökler weiter. Er geht davon aus, dass sie es bis an die Spitze schaffen kann.

Und genau dafür trainiert sie hart und eifrig, riskiert sogar Niederlagen in Turnieren: «Ich habe mich entschieden, weniger Remis anzunehmen. Auch um zu lernen und besser zu werden.»

Was sie am Schachspiel so fasziniert, weiß sie genau. «Es reizt mich, etwas Neues zu erschaffen. Jede Partie ist etwas Neues, das es so noch nie gab.» Klar, auch das Preisgeld sei eine Motivation. «Aber die Titel und Weltrang-Punkte sind mir wichtiger.»

Jana Schneider ist eine ruhige Denkerin mit wachen blauen Augen. Ihre langen Haare trägt sie offen. Wenn sie vom Schach die Nase voll hat, geht sie mit Freunden Fußballspielen, singt im Schulchor, spielt Klavier, hört Musik oder schnappt sich ein Buch. «Am liebsten lese ich die Romane von John Grisham.»

In der Schule hat sie keine Probleme, obwohl sie wegen ihrer Turniere rund 20 bis 30 Tage im Jahr entschuldigt fehlt. «Ich präge mir Sachen sehr gut ein. Fürs Lernen brauche ich nicht sehr lang», sagt sie über sich. Sie hat einen Notendurchschnitt von 1,3. Im nächsten Schuljahr kommt sie in die Oberstufe. Sie hat Latein, Englisch, Musik, Chemie und Erdkunde gewählt.

Was sie nach dem Abitur mal beruflich machen will? «Das weiß ich wirklich noch nicht», sagt sie und lächelt verlegen. Ihr Ziel für die Schachwelt kennt sie dagegen ganz genau: «Mein Traum ist es, Weltmeisterin zu werden.»


(dpa)

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