Jahrhunderttalent mit Rüpel-Image: Verstappen vor Jubiläum

Austin – Ein Jahr bleibt Max Verstappen noch. Ein Jahr, um doch noch der jüngste Formel-1-Weltmeister der Geschichte zu werden.

Ein Jahr, um allen das zu beweisen, wovon der Niederländer überzeugt ist: «Ich kann den Titel holen.» Als Jahrhunderttalent gefeiert, kam er mit nur 17 Jahren in die Königsklasse des Motorsports, gewann mit 18 sensationell seinen ersten Grand Prix und steht nun mit gerade 22 vor einem besonderen Jubiläum: Am Sonntag (20.10 Uhr/RTL und Sky) bestreitet der Red-Bull-Fahrer in den USA schon sein 100. Rennen.

Siebenmal konnte Verstappen gewinnen – einen möglichen achten Erfolg verschenkte der Heißsporn am vergangenen Wochenende in Mexiko durch einen Rückfall in längst überwunden geglaubte Rüpel-Zeiten. «Ziemlich schade» sei sein sechster Platz, sagte er. In der Qualifikation holte sich Verstappen zwar die Pole Position, ging dann nach dem Crash von Valtteri Bottas im Mercedes aber nicht wie gefordert vom Gas. Es folgten eine Strafe – und keinerlei Einsicht. Mit Beinhart-Manövern versuchte er im Rennen zu punkten, scheiterte dabei, schlitzte sich den Reifen auf und wurde zwischenzeitlich nach hinten durchgereicht.

«Ich erkenne bei ihm keine Absicht. Es ist einfach so, als ob er solche Situationen magnetisch anzieht», sagte Weltmeister Lewis Hamilton. Verstappen ist für seine kompromisslose Fahrweise gefürchtet, die brachialen Rad-an-Rad-Duelle schien er zuletzt aber besser im Griff zu haben. Erwachsener sei er geworden, hieß es. Aber Hamilton betonte auch klar: «Bei ihm ist es einfach so, dass eine Kollision sehr wahrscheinlich ist, wenn du ihm keinen zusätzlichen Raum schenkst. Also machst du das dann die meiste Zeit.»

Ferrari-Star Sebastian Vettel saß direkt neben Hamilton, als er diese Worte sprach und stimmte zu: «Kopieren und einsetzen.» Aktuell ist Vettel mit 23 Jahren und 134 Tagen im Jahr 2010 noch der jüngste Formel-1-Champion. Andere Bestmarken hat ihm Verstappen abgejagt. Zum Beispiel den des jüngsten Grand-Prix-Siegers. Verstappen war 2016 in Barcelona erst 18 Jahre und 228 Tage alt. Zum Vergleich: Vettel war 21, Michael Schumacher 23 und Ayrton Senna sogar schon 25.

Natürlich weiß Verstappen um sein teilweise recht negatives Image. Aber es stört ihn nicht. «Wenn ich am Ende meiner Karriere fünf WM-Titel gewonnen habe, aber vielleicht nicht die Person bin, die am meisten gemocht wird, dann ist mir das egal», sagte er Anfang des Monats im Interview des britischen Senders BBC: «Denn am Ende des Tages geht es nur um das Gewinnen.» Und dafür seien manchmal auch harte Manöver notwendig. «Wenn es eine Berührung braucht, dann braucht es sie. Es muss nicht immer der sauberste Weg sein.»

Trotz solcher nicht gerade fairen, aber immerhin doch sehr klaren Aussagen, zweifelt kaum jemand am Talent des in Belgien geborenen Holländers. «Ich glaube, er ist der schnellste Fahrer, der jemals ein Auto in der Formel 1 gefahren hat», sagte Ex-Weltmeister Jenson Button. Auch deswegen dürften Verstappen alle Türen offen stehen. Nach der kommenden Saison läuft sein Vertrag bei Red Bull aus. Ab 2021 gibt es wohl freie Cockpits bei Mercedes und auch bei Ferrari.

Vor dem drittletzten Rennen in diesem Jahr ist der Sohn des früheren Rennfahrers Jos Verstappen WM-Fünfter, eine Chance auf den Titel hat er trotz zwei Saisonsiegen schon lange nicht mehr. Hamilton dürfte in Texas erneut vorzeitig jubeln, dem 34-Jährigen reicht schon ein achter Rang zum sechsten Triumph. 2020 will Verstappen aber unbedingt ganz vorne mitfahren. Nach dem Wechsel von Motorenpartner Renault zu Honda habe Red Bull «schon gute Schritte gemacht», betonte er.

Eindringlich vermittelt der Youngster dabei klar, dass er auf dem Weg zum Gewinn der WM keinerlei Kompromisse eingehen wird. «Vielleicht klingt das ein bisschen arrogant, auch wenn das nicht so klingen soll: Ich würde alles tun, um zu gewinnen. Wenn es nicht dreckig, aber ein bisschen härter sein muss, dann werde ich das machen.» Und selbst wenn er nicht der jüngste Weltmeister wird, werden ihm danach noch jede Menge Möglichkeiten bleiben.


(dpa)

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