Bordeaux (dpa) – Inmitten der Tränen, Enttäuschung und Trauer nach Italiens schmerzhaftem EM-Aus wagte Antonio Conte eine Prognose für die Zukunft.
«Wir hinterlassen unverwischbare Spuren und ich hoffe, dass die eines Tages Früchte tragen», sagte der Fußball-Nationaltrainer nach dem bitteren 5:6 im Elfmeterschießen im EM-Viertelfinale gegen Deutschland. Contes Zeit als Nationalcoach endet mit dem Ausscheiden, er wechselt nun zum FC Chelsea. Und trotz seines Optimismus ist klar: Auf Italiens Fußball kommt eine Zeit des Umbruchs zu.
Statt der Gedanken an die Zukunft überwog bei den Azzurri zunächst die Enttäuschung über den knappen K.o. nach insgesamt 18 Elfmetern. «Es ist enorm enttäuschend, weil wir wirklich alles gegeben haben», sagte der Ex-Wolfsburger Andrea Barzagli, der im italienischen Fernsehen in Tränen ausbrach. Teamkollege Gianluigi Buffon wischte sich nach dem letzten Elfmeter von Deutschlands Jonas Hector ebenfalls Tränen aus dem Gesicht. «Eine solche Niederlage ist hart, ein Schock. Das tut wirklich weh», sagte der 38-Jährige.
In ihrem fünften EM-Elfmeterschießen scheiterte die Squadra Azzurra zum dritten Mal, weil mit Simone Zaza, Graziano Pellè, Leonardo Bonucci und Matteo Darmian gleich vier Schützen nicht verwandelten. «Verdammtes Elfmeterschießen», titelte die «Gazzetta dello Sport» in ihrer Online-Ausgabe.
«Schade, dass wir in dieser Lotterie zu viele Fehler gemacht haben», meinte Bonucci, der Italien mit seinem verwandelten Handelfmeter (78. Minute) nach dem Führungstor von Mesut Özil (65.) ins Elfmeterschießen gebracht hatte.
«Wir haben an diesen Traum geglaubt und die Enttäuschung in der Umkleidekabine war sehr groß», gab Conte zu. Mittelfeldspieler Marco Parolo meinte: «Jetzt überwiegt die Enttäuschung, aber ich denke, dass wir später stolz sein können auf das, was wir erreicht haben.»
Gegen den Weltmeister 120 Minuten lang nur wenig zugelassen zu haben, das machte die Italiener stolz auf ihr Team, das bei dieser EM ohnehin mit starken Auftritten überzeugt hatte. «Trotzdem Helden! Ein immenses Herz von Italien», titelte die «Gazzetta dello Sport». Der «Corriere dello Sport» schrieb am Sonntag: «Grande Italia. Azzurri unter Beifall von Deutschland im Elfmeterschießen besiegt.» Nach ihrer Rückkehr in die Heimat am Sonntag empfingen Hunderte Fans die Mannschaft am Flughafen und jubelten ihren EM-Helden zu.
Conte nahm emotional Abschied von seiner Mannschaft, die er zwei Jahre lang betreut und bis ins EM-Viertelfinale geführt hatte. «Ich werde die Jungs immer in meinem Herzen haben, es waren zwei fantastische Jahre mit diesen eineinhalb Monaten, in denen wir etwas Magisches geschafft haben», sagte der 46-Jährige nach dem bitteren K.o. den Tränen nahe. «Dass es jetzt vorbei ist, tut uns allen weh.» Am Tag danach nahm er emotional Abschied. «Ich bin heute sehr mitgenommen, weil man realisiert, dass es vorbei ist», sagte er.
Conte, der in Italien aus einer Reihe mittelmäßiger Spieler eine starke Einheit formte und sein Team mit einer brillanten Taktik zu Top-Leistungen trieb, wechselt nun zum FC Chelsea. «Ich bräuchte nicht einen Tag Urlaub, aber jetzt habe ich sieben Tage, um die Spannung zu senken», sagte er. Der Coach nutzte das EM-Aus auch für eine Abrechnung mit seinen Kritikern in der Heimat, beklagte sich über mangelnde Unterstützung in den Medien und von den Vereinen. «Ich habe niemanden an meiner Seite gesehen, Conte gegen alle», klagte er.
Seine Nachfolge bei der Squadra Azzurra übernimmt nun der 68 Jahre alte Giampiero Ventura. Doch der Coach, der kaum über internationale Erfahrung verfügt, steht vor einer schwierigen Aufgabe: Talente fehlen im Land des viermaligen Weltmeisters, ein Großteil des Teams ist um die 30. «Wir hoffen, dass wir diesen Weg weitergehen können», kündigte Bonucci trotzig an. Und Conte versprach seinem Nachfolger: «Ich wünsche Ventura alles Gute. Ich hoffe, dass ich einen Fußabdruck hinterlassen habe, der uns wieder nach ganz oben bringen kann.»
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(dpa)