Pyeongchang/Moskau – Als Konsequenz aus dem Doping-Skandal in Russland will das Internationale Olympische Komitee (IOC) ein unabhängiges Anti-Doping-Testsystem aufbauen.
Die IOC-Führungsspitze um Präsident Thomas Bach veröffentlichte im südkoreanischen Pyeongchang Vorschläge zur Zukunft der Welt-Anti-Doping-Agentur WADA und für den Aufbau einer solchen Behörde. Die WADA müsse «gleichermaßen unabhängig von Sportverbänden wie auch von staatlichen Interessen» sein, hieß es in der Erklärung.
Bach lud den kanadischen Anwalt Richard McLaren, den unabhängigen Ermittler in der russischen Doping-Affäre, nach Lausanne zum Sitz des IOC ein. McLaren hatte in zwei Berichten im vergangenen Juli und Dezember Beweise für staatlich gelenktes Doping in Russland zusammengetragen. Demnach sollen mehr als 1000 russische Sportler darin verwickelt gewesen sein. Die Führung in Moskau weist den Vorwurf Staatsdoping kategorisch zurück.
Mit der Erklärung soll deutlich werden, «dass es keinen Raum für Missverständnisse» auf dem Weg geben dürfe, ein unabhängiges Anti-Doping-Testsystem voranzubringen, erläuterte IOC-Sprecher Mark Adams. Es gehe in der Erklärung um Prinzipien, weniger um Details. Pyeongchang, wo die IOC-Exekutive bis Freitag tagt, richtet die Olympischen Winterspiele 2018 aus.
Die WADA soll den Vorschlägen zufolge von einem neutralen Vorsitzenden und Stellvertreter geleitet werden, die beide keine Funktion in einer staatlichen und sportlichen Organisation haben. Die Aufgaben der WADA sollen unter anderem die Auflistung verbotener Substanzen, die Beglaubigung von Testlabors und die Forschung umfassen.
Künftige Testpläne für Athleten sollen hingegen von einer unabhängigen Behörde (Independent Testing Authority/ITA) in Zusammenarbeit mit den internationalen Sportverbänden ausgearbeitet werden, um eine Mindestzahl von Tests bei jedem Athleten durchzuführen, der an Weltmeisterschaften oder Olympischen Spielen teilnehmen will.
Nach dem Willen des IOC soll dann der – von den Verbänden unabhängige – Internationale Sportgerichtshof CAS in Lausanne bei nachgewiesenem Doping über die Strafe befinden.
Im Kampf gegen Doping in Russland fordert der ehemalige NOK-Chef Witali Smirnow finanzielle Anreize für Kronzeugen. Dafür soll im Land ein eigener Fonds eingerichtet werden, wie der jetzige Leiter einer Anti-Doping-Kommission in Moskau sagte. Die Krise erfordere besondere Maßnahmen, sagte er der Agentur Interfax.
Für Russland würde die Ermutigung sogenannter Whistleblower eine Kehrtwende bedeuten. Bislang gelten dort Kronzeugen als Verräter.
Zu Beginn der zweitägigen Sitzung der IOC-Exekutive hörten die Mitglieder auch Berichte über den Stand der Vorbereitungen der Spiele in Pyeongchang 2018 und vier Jahre später in Peking. Am Freitag soll auch ein Bericht über die Sommerspiele 2020 in Tokio vorgelegt werden.
(dpa)