Zürich – FIFA-Boss Gianni Infantino sieht sich als Opfer einer kontinuierlichen Diffamierungskampagne und streitet jedes Fehlverhalten auch nach den neuesten Kungelei-Vorwürfen entschieden ab.
«Wenn es um die FIFA geht, gibt es keine illegalen Aktivitäten», sagte der Chef des Fußball-Weltverbandes der Deutschen Presse-Agentur in Zürich. In seiner Amtszeit sei «kein einziger Franke verschwunden».
Infantino reagierte auf die Anschuldigungen um unlautere Absprachen mit den Bossen der Top-Clubs Paris Saint-Germain und Manchester City in seiner Zeit als UEFA-Generalsekretär. Und er reagierte auf die durch E-Mails dokumentierte Einflussnahme auf Formulierungen im neuen Reglement der als unabhängig deklarierten Ethikkommission des Fußball-Weltverbandes.
Einen Sohn eines «italienischen Einwanderers» und eine «offensichtlich schwarze Frau, die auch noch Muslimin ist», habe es «in der FIFA-Welt noch nicht gegeben», sagte Infantino. Er unterstellte seinen Kritikern damit indirekt Ressentiments bezüglich seiner Herkunft und jener der senegalesischen FIFA-Generalsekretärin, Fatma Samoura.
Seit seinem Amtsantritt im Februar 2016 werde versucht, ihn in Misskredit zu bringen. «Matratzen, Blumen, Flüge, Autos», zählte er selbst diverse Themen auf, in denen es um angebliche Regelverstöße während seiner Präsidentschaft geht. Diese hatten ihn teilweise selbst zur Zielscheibe von Ethik-Untersuchungen gemacht. Aber: «Es tut mir leid, dass sie nichts Illegales gefunden haben», sagte der 48-Jährige mit ironischem Unterton mit Bezug auf die neuesten Berichte auf Grundlage der Plattform Football Leaks.
In der vergangenen Woche hatte das Nachrichtenmagazin «Der Spiegel» unter Berufung auf Football-Leaks-Dokumente über unangemessene Einflussnahme Infantinos auf den FIFA-Ethikcode berichtet. Zudem soll er noch im UEFA-Amt Absprachen mit den Top-Clubs PSG und Man City im Zuge der Ermittlungen wegen Verstößen gegen das Financial Fair Play (FFP) getroffen haben. «Es gibt nichts, wofür man sich schämen müsste», sagte Infantino zu seinen Verhandlungen mit Club-Vertretern im Jahr 2014.
Die Form der Gespräche und auch seine betont freundliche Ansprache in den pikanten E-Mails sei im Interesse der UEFA gewesen. «Wir wollten die Clubs im Wettbewerb halten und sie nicht ausschließen», sagte Infantino. Das habe für alle 30 FFP-Fälle gegolten und nicht nur für die von einflussreichen Kräften mit Milliarden aus der Golfregion alimentierten Teams aus Paris und Manchester. Bis zu 50 Personen seien in die Verhandlungen einbezogen gewesen. «Da kann man nichts in Hinterzimmern regeln», behauptete der Schweizer.
Die umstrittene Kommunikation mit dem Chef der rechtsprechenden Ethikkammer, Vassilios Skouris, in der er Vorschläge für den neuen Ethikcode gemacht hatte, bezeichnete Infantino als normalen Vorgang. «Ich sehe da nichts Merkwürdiges», betonte der Schweizer. Am 6. Juni möchte er beim FIFA-Kongress in Paris für eine zweite Amtszeit gewählt werden. Bislang hat er keinen absehbaren Gegenkandidaten.
Die heftig kritisierte, allerdings nicht auf seine Anordnung vorgenommene Streichung des Begriffs «Korruption» als ahndungswürdiges Vergehen aus dem Ethikreglement solle beim Treffen des FIFA-Councils im März in Miami wieder rückgängig gemacht werden. «Ich werde den Vorschlag einbringen, um ein klares Signal zu senden», sagte der FIFA-Präsident.
In Florida werden laut Infantino diverse wegweisende Entscheidungen getroffen. Eine mögliche Aufstockung auf 48 WM-Teilnehmer schon beim Turnier 2022 in Katar soll dann fixiert oder fallen gelassen werden. Die Wahrscheinlichkeit der Umsetzung der von ihm favorisierten Erweiterung um 16 Teams schätzt er aber als gering ein.
«Die Chance ist klein. Wir versuchen es. Wenn es klappt, ist es großartig, wenn es nicht klappt, ist es auch großartig. Wir werden in jedem Fall eine tolle WM haben», versprach Infantino. Hemmnisse sind der erwartete Widerstand aus den europäischen Ligen und fehlende Co-Ausrichter für das in der Region politisch isolierte Katar.
Bei dem Meeting am 14. und 15. März in Florida erwartet Infantino auch eine Entscheidung über das von ihm unterstützte Mega-Projekt zur Einführung einer neuen Club-WM und einer globalen Nations League. Die im Oktober in Kigali gegründete Task Force werde – mit ihm an der Spitze – bis dahin ihre Arbeit abgeschlossen haben.
Das Gremium war auf Druck der Kritiker im FIFA-Council an dem angeblich von Sponsoren aus Fernost und der Golfregion mit 25 Milliarden Dollar unterstützten Deal gegründet worden. Unter anderen hatte DFB-Präsident Reinhard Grindel immer wieder mehr Informationen über den Hintergrund der Geldgeber und über genaue Formate der neuen Wettbewerbe gefordert.
Kritik von europäischen Spitzenteams an einer ausgeweiteten Club-WM wies Infantino zurück. Im Gegenzug monierte er die ebenfalls via Football Leaks publik gewordenen Pläne an einer Super League durch mehrere europäische Teams. Seine Mammut-Club-WM sei «die bessere Super League», da sie innerhalb der Strukturen der internationalen Verbände organisiert werden soll. Eine Bundesliga ohne den FC Bayern München könne er sich nicht vorstellen, sagte Infantino und schob die Drohung hinterher, dass Spieler, die bei Vereinen einer Super League unter Vertrag stünden, von WM-Turnieren ausgeschlossen werden könnten.
(dpa)