Ibrahimovic stichelt – Schweden rücken zusammen

Jekaterinburg – Der bittere K.o. gegen Deutschland? Abgehakt! Die rassistischen Äußerungen gegen Jimmy Durmaz? Geht gar nicht! Die Sticheleien von Altstar Zlatan Ibrahimovic?

Na und! – Nach all den Turbulenzen geht die schwedische Fußball-Nationalmannschaft mit einer Jetzt-erst-recht-Stimmung in das WM-Gruppen-Endspiel gegen Mexiko am Mittwoch (16.00 Uhr) in Jekaterinburg.

«Wir waren in der Lage, gegen den amtierenden Champion bis auf die letzten zehn Sekunden mitzuhalten. Das hat uns stärker und zuversichtlicher gemacht. Unsere Mentalität ist sehr gut. Wir haben ein gutes Gefühl», sagte Trainer Janne Andersson vor dem Alles-oder-Nichts-Spiel.

Die Ausgangslage ist klar: Mit einem Sieg gegen Mexiko steht die schwedische Auswahl im Achtelfinale und hätte es all den Kritikern wie Ex-Kapitän Zlatan Ibrahimovic gezeigt. Der 36-Jährige hatte in seiner Rolle als ESPN-Experte gerade erst gegen sein Ex-Team geätzt. Die Spiele zu sehen, sei «anders» gewesen, «weil ich das Gefühl hatte, dass ich es viel besser kann als sie. Und das fühle ich immer noch», sagte der Stürmer in seiner Funktion als ESPN-Experte.

Ibrahimovic war 2016 nach der EM zurückgetreten, hatte aber vor einigen Monaten sein Interesse für ein Comeback signalisiert, getreu seinem Motto: «Eine WM ohne Zlatan ist keine WM.» Andersson teilte diese Ansicht nicht und vertraute auf sein Team, das sich immerhin in den Playoffs gegen den viermaligen Weltmeister Italien durchgesetzt hatte. «Die Playoffs waren ein Endspiel. Es ist gut, dass wir diese Erfahrungen gemacht haben», sagte Andersson. Ähnlich sieht es Kapitän Andreas Granqvist: «Wir sind eine enge Gruppe. Wir kämpfen zusammen.»

Ihren Zusammenhalt dokumentierten die Tre Kronors auch im Fall Jimmy Durmaz, der nach dem Deutschland-Spiel in den sozialen Medien rassistisch beleidigt worden war. «Die Gruppe war verärgert. Wir akzeptieren so ein Verhalten nicht. Jimmy ist eine starke Person. Es war gut, dass wir ein gemeinsames Statement abgegeben haben», betonte Granqvist. Er sei sehr «traurig» über einige Kommentare gewesen, ergänzte Andersson. Durmaz hatte am Samstag den Freistoß verursacht, den Toni Kroos zum 2:1-Siegtreffer für Deutschland verwandelte. In den sozialen Medien war der Sohn einer Einwanderer-Familie daraufhin auf massivste Weise rassistisch beleidigt worden, was das schwedische Team mit «Fuck Racism» (in etwa: «Scheiß Rassismus») konterte.

Ja, es ging ereignisreich zu seit jener 95. Minute, als Kroos den Schweden «eine der brutalsten Niederlagen» («Dagens Nyheter») zugefügt hatte. Für Andersson ist all dies abgehakt, auch die Provokationen durch zwei DFB-Mitglieder, wenngleich er betonte: «Das hat nichts mit Fußball zu tun. Auf dem Spielfeld gehören Emotionen dazu, aber unsportliches Verhalten ist nicht in Ordnung.»

Pikanterweise könnte am Ende die Fairplay-Wertung zwischen Schweden und Deutschland über die Platzierung entscheiden. Gewinnen beide Teams mit dem gleichen Ergebnis ihre Spiele, müsste die Anzahl an Gelben und Roten Karten über die Plätze eins und zwei entscheiden. Herrscht auch da Gleichstand – noch liegt Schweden da vor Deutschland – müsste das Los entscheiden. «Daran denken wir nicht. Wir fokussieren uns darauf, das Spiel zu gewinnen», sagt Andersson.

Deutlich beschaulicher ging es dagegen bei den Mexikanern zu. Nach den zwei Siegen ist die Kritik am kolumbianischen Trainer Juan Carlos Osorio erst einmal verstummt. Vor der Abreise in den Ural gab es für den Coach sogar ein Ständchen vom mexikanischen Sänger Christian Nodal. Der Titel des Songs «Adiós Amor» – «Auf Wiedersehen, Liebe» würde den Schweden für Mittwoch aber ganz gut gefallen.


(dpa)

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