Hamburg – Beim Hamburger SV beginnt nach dem Bangen im Abstiegskampf auch das Zittern um Posten. Bernd Hoffmann will als neuer Präsident des Universalsportvereins Hamburger SV mit seinen 30 Sportarten kräftig auskehren.
«Wir müssen alles auf den Prüfstand stellen», lautete seine Ansage. Dabei hat er nicht Softball, Eltern-Kind-Turnen oder Cricket im Fokus. Die ausgegliederte Aktiengesellschaft der Fußball-Profis ist das Objekt seiner Begierde. Dort ist Hoffmann zwar nicht Chef, hat aber großen Einfluss als Aufsichtsratsmitglied und erster Vertreter des Mehrheitsaktionärs HSV e.V. (76,19 Prozent). Attacken wird er vermutlich gegen Vorstandschef Heribert Bruchhagen und vor allem Sportdirektor Jens Todt reiten.
«Die Herzkammer des e.V. schlägt in der Fußball-AG», sagte der 55-Jährige bei der hitzigen Wahlveranstaltung am Sonntag und verkündete: «Wir befinden uns an einem Wendepunkt des HSV.» Was er von Todt hält, ließ er in seiner Wahlkampfrede durchblicken: «Wir brauchen auch jetzt einen ganz starken Sport-Vorstand.» Als solcher ist laut «Kicker» der derzeit beschäftigungslose Jörg Schmadtke im Gespräch. Er könnte den Sportdirektor Todt überflüssig machen.
Der Erfolg eines Bundesligisten, betonte der neue Präsident, der von 2003 bis 2011 schon mal Vorsitzender war, hänge von sieben bis acht Personalien ab. «Wir sind in bestimmten Bereichen nicht wettbewerbsfähig aufgestellt», monierte Hoffmann. Das zu ändern, obliegt aber nicht ihm. Nach der Wahl schränkte er deshalb ein: «Die Personalentscheidungen werden in den entsprechende Gremien fallen.»
Genau das ist die Krux für Hoffmann: Er kann nicht schalten und walten, wie er will. Den Vorstand ernennt der Aufsichtsrat, den Sportchef der Vorstand. Hoffmann ist im Aufsichtsrat einer von sechs. Wenngleich er das anders sieht. Deshalb will er als Vertreter des größten AG-Anteilseigners den Vorsitz in dem Gremium übernehmen.
Für Beschlüsse in seinem Interesse braucht der Diplom-Kaufmann immer eine Mehrheit. «Ich werde mit Michael Krall telefonieren», kündigte er am Sonntagabend an. Krall ist Aufsichtsratschef und wurde erst wenige Tage zuvor von der AG-Hauptversammlung berufen. Hoffmann: «Wir gehen da nicht krawallig rein, sondern im Dienst der Sache.»
Fakt ist: Nach der Wahl ist der Verein zerrissener denn je. 51,09 Prozent waren für Hoffmann, 48,91 Prozent für Meier. Gerade die e.V.-Vertreter aus den verschiedenen Sportabteilungen sind mit großer Mehrheit gegen Hoffmann. Da hallten am Sonntag schon mal «Hoffmann raus!»- Rufe durch das riesige Tagungszelt. Lediglich 1,49 Prozent der 78 000 Mitglieder haben gewählt. Die 67 000 Supporter, die weniger von sportlicher Eigenertüchtigung halten als vielmehr Fans der Profimannschaft sind, setzen andere Prioritäten. Sie sehen in Hoffmann eine Art Retter.
Doch der neue Präsident vermeidet tunlichst einen Schwur auf den Klassenverbleib. «Ich habe weder gesagt, dass wir mit Handauflegen Verbesserungen erzielen, noch haben wir konkrete sportliche und wirtschaftliche Ziele genannt». Den drohenden ersten Abstieg des Bundesliga-Gründungsmitglieds HSV wird auch ein neuer e.V-Chef nicht verhindern können. «Von einer Runde 2. Liga geht die Welt nicht unter», meinte Hoffmann. Sein Trost: «Wir werden nicht aus dem Vereinsregister gestrichen.»
(dpa)