München – Kein Jubel mit den Fans – und doch unbändige Freude bei Alba Berlin: Unter strengen Corona-Regeln feierte der Hauptstadtclub beim außergewöhnlichen Finalturnier in München seine ersehnte neunte Basketball-Meisterschaft.
Anstelle eines Liga-Offiziellen hängte der stolze Alba-Trainer Aito Garcia Reneses seinen Profis die Medaillen um, Kapitän Niels Giffey holte die Trophäe selbst von einem Podest und stemmte sie im silber-blauen Konfettiregen in die Luft des zuschauerleeren Audi Dome.
Beim Gruppenfoto nach dem 75:74 (42:35)-Erfolg im zweiten Endspiel gegen die MHP Riesen Ludwigsburg standen die Macher um Geschäftsführer Marco Baldi und Sportdirektor Himar Ojeda in gebührendem Abstand zum Team auf der Tribüne. «Es ist natürlich ein bisschen gedämpft, weil man das alles nicht so rauslassen kann. Ich würde gerne ein paar in die Arme nehmen, was gerade nicht so funktioniert. Aber das Herz ist voll», sagte Baldi. «Es steht eine schöne Trophäe am Ende, das ist fantastisch.» Noch am Abend wollten sich die Berliner per Zug auf den Heimweg machen.
Der Hauptstadtclub holte erstmals seit 2008 wieder den Titel. Bereits das Final-Hinspiel hatte Alba mit 88:65 für sich entschieden und löste den früh gescheiterten Titelverteidiger und Gastgeber FC Bayern ab. «Ich freue mich riesig, dass wir es geschafft haben. Ich brauche noch ein paar Momente, um das zu realisieren», sagte Center Johannes Thiemann bei Magentasport. «Es ist eine verdammt komische Situation, aber wir sind so froh, dass wir es geschafft haben. Es ist unglaublich, dass wir das Double gewonnen haben.»
Beste Alba-Werfer waren Giffey und Martin Hermannsson mit jeweils 14 Punkten. Damit blieb das Pokalsieger-Team von Aito auch in seinem zehnten Spiel des Turniers zu Corona-Zeiten ungeschlagen und feierte zum ersten Mal seit 17 Jahren das Double. «Alba ist ein würdiger Meister. Sie haben generell eine starke Saison gespielt, schon den Pokal geholt. Alba war klar das beste Team im Turnier», sagte BBL-Chef Stefan Holz der Deutschen Presse-Agentur und gratulierte auch dem Finalgegner. «Ludwigsburg war mehr als ein Geheimtipp und hat eine tolle Saison gespielt, vielleicht die beste ihre Geschichte.»
Außenseiter Ludwigsburg musste erneut auf seinen am Fuß verletzten Leistungsträger Marcos Knight verzichten und war bei seiner ersten Finalteilnahme klar unterlegen. Der US-Profi wurde dennoch als wertvollster Spieler des Turniers ausgezeichnet. «Wir sind trotzdem sehr stolz. Das fühlt sich gar nicht so krass an wie eine Niederlage», sagte Center Jonas Wohlfarth-Bottermann bei Magentasport. «Alba war das Maß aller Dinge und ist verdient Meister geworden.»
Wie schon beim Pokal-Triumph vor gut vier Monaten konnte Alba sein Finaltrauma überwinden. In den vergangenen beiden Saisons waren die Berliner jeweils an den Münchnern gescheitert, hatten unter Aito insgesamt fünf Titelchancen in Endspielen vergeben.
«Wir waren in 30 Jahren von Alba wettbewerbsübergreifend 34-mal in Finalspielen – das zeigt eine unfassbare Kontinuität in der Spitze. Für das Herz sind natürlich die Titel entscheidend», sagte Baldi. «Die Entwicklung von Alba Berlin wird das aber nicht dramatisch beeinflussen.»
So ist beispielsweise offen, ob der 73 Jahre alte Aito womöglich doch noch eine Saison in Berlin dranhängt. «Er weiß, was er hier hat und dass er so lange bleiben kann wie er will», sagte Baldi. «Insofern muss er die Ruhe und Zeit haben, das Revue passieren zu lassen und dann eine Entscheidung zu treffen.» Leistungsträger wie Peyton Siva und Luke Sikma besitzen noch einen Vertrag über den Sommer hinaus, der Verbleib des starken Isländers Hermannsson ist hingegen ungeklärt.
Zwei Tage nach dem deutlichen Hinspielsieg ließ Alba von Beginn an keine Zweifel am Titelgewinn. Bei 15 Punkten Vorsprung gegen Ende des dritten Viertels schien die Partie entschieden, Ludwigsburg kämpfte sich aber nochmal heran.
Für die Endspiel-Teilnehmer endete am Finaltag auch nach mehr als drei Wochen die Zeit im gemeinsamen Quarantäne-Hotel. «Es hätte nicht besser laufen können», resümierte Ligachef Holz das Turnier. Spätestens Mitte Oktober soll die nächste Saison beginnen – die Liga hofft dann wieder auf Zuschauer in den Arenen.
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(dpa)