Bilbao – Ein defektes Flugzeug hat schon die Anreise ins spätsommerliche Bilbao zu einem Abenteuer gemacht. Möglicherweise ist es ohnehin die letzte Europacup-Reise von Hertha BSC für eine längere Zeit.
Als der gecharterte Flieger aus Polen am Morgen nicht in Berlin-Tegel eintraf, leitete Trainer Pal Dardai einen Notplan ein. «Wir müssen uns bewegen und trainieren, nicht erst um 22.00 Uhr», sagte der Chefcoach des Berliner Fußball-Bundesligisten.
Nach eineinhalbstündiger Wartezeit auf dem Flughafen fuhr die Mannschaft kurzentschlossen mit dem Bus zurück zum Vereinsgelände und absolvierte dort das Abschlusstraining, das eigentlich für den Abend im futuristischen Estadio de San Mamés angesetzt war. «Es tut mir leid. Es ist ein Adventure-Trip», erklärte Manager Michael Preetz in einer improvisierten Runde den Mitarbeitern der Geschäftsstelle, die zur Reise mit eingeladen waren und auf die Ersatzmaschine warteten.
«Schon bei unseren beiden anderen Europa-League-Reisen hatten wir Verspätungen. So ist das heutzutage mit dem Fliegen», sagte Dardai zu den Misslichkeiten, fügte aber schnell an: «Wir denken positiv.» Mit dieser Einstellung schickt der Ungar den in der Bundesliga derzeit schwächelnden Hauptstadtclub am Donnerstag (19.00 Uhr) in das Alles-oder-nichts-Spiel gegen Athletic Bilbao. Verlieren ist verboten – «sonst war es das», sagte der Trainer zur Ausgangslage. Der Berliner liegen in Gruppe J hinter den Außenseitern Östersund (7) und Luhansk (6) sowie Bilbao (5) mit vier Punkten nur auf dem letzten Rang.
«Es ist für uns fast ein K.o.-Spiel», sagte Dardai. Eine Niederlage bedeutet das definitive Ende des ersten Europacup-Abenteuers nach acht Jahren. Auch bei Remis wie im Hinspiel hätte Hertha das Weiterkommen nicht mehr selbst in der Hand. Deshalb wird Dardai seine bisherige Europa-League-Philosophie in die Schublade stecken. Der Trainer plant in der 2014 neu errichteten San-Mamés-Arena, die an ein gestrandetes Raumschiff erinnert, keine Radikal-Rotation mehr.
«Die Mannschaft hat in der letzten Woche gut funktioniert. Die Spieler haben die richtige Frische. Wir gehen mit erfahrenen Leuten in dieses Spiel, nicht nur mit jungen Spielern», verriet Dardai. Auch die kommende Bundesliga-Aufgabe am Sonntag will er dieses Mal außer Acht lassen. «Es geht nur um Bilbao. Es ist die letzte Chance. Köln ist noch weit weg.» Und Manager Preetz ergänzte: Das ist eine große Herausforderung. Aber wir sind nicht chancenlos.»
Hertha muss in der Fußball-Kathedrale «San Mamés», dessen schicke Außenhaut bei jedem Tor besonders wild leuchtet, unbedingt selbst treffen. Doch bedingungslose Offensive wird es nicht geben: «Die spielen guten Fußball mit Risiko, sind gut mit dem Ball – wie jede spanische Mannschaft», erklärte Mittelfeld-Abräumer Per Skjelbred zum Gegner Athletic. Bilbao hat in der spanischen Liga allerdings auch einige Probleme und steht nur auf Rang 15.
«Die Mannschaft, die besser verteidigt, wird gewinnen», sagte sogar Offensivmann Salomon Kalou (32) in der Erinnerung an sieben Gegentore in den jüngsten zwei Bundesligaspielen seiner Hertha. Bilbao hat sieben der jüngsten acht Europacup-Spiele zu Hause gewonnen, Hertha die letzten vier Auswärtspartien international verloren. Der Hauptstadtclub muss in der baskischen 350 000-Einwohner-Stadt beide Serien brechen. «Wir müssen gut stehen, kompakt spielen und kontern», forderte Dardai. «Das ist ein Spiel, in dem man schlau sein sollte.»
(dpa)