Herausforderung Heynen: Zäsur beim VfB Friedrichshafen

Friedrichshafen – Die Verpflichtung von Vital Heynen kann durchaus Mut erfordern. So genau wussten die Verantwortlichen des VfB Friedrichshafen aber womöglich nicht, auf was sie sich mit dem Belgier einließen.

Der hyperaktive Heynen trat beim deutschen Volleyball-Rekordmeister im vergangenen Sommer nach 19 Jahren mit Stelian Moculescu die Nachfolge der Trainer-Legende an. Und Heynen entwickelte sich für den eingefahrenen VfB zur Herausforderung.

«Wenn Vital Heynen nicht schläft, dann denkt er an Volleyball. Das erwartet er auch von seinem Umfeld, und da ist das Spannungsfeld», beschrieb Präsident Wunibald Wösle einmal die Belastungsprobe. Von Moculescu wusste der Verein, was er nach am Ende 13 Meisterschaften, 13 Pokalsiegen und einem Champions-League-Triumph zu erwarten hatte. Von Heynen ganz offensichtlich nicht.

«Ich bin ein Trainer mit viel Herzblut und Leidenschaft», betonte der langjährige deutsche Bundestrainer, «und ich habe viele Ideen, da sind auch manchmal ein paar verrückte darunter.» Festgefahrene Strukturen, konservative Ansichten passen nicht zu dem 47-Jährigen, der Deutschland 2014 zu WM-Bronze geführt hatte und mit seiner neu formierten VfB-Mannschaft nun kaum erfolgreicher sein könnte.

Für seine Innovationskraft wurde Heynen jedoch an den beschaulichen Bodensee geholt. Der Mann aus Maaseik verjüngte den VfB, erhöhte den Anteil an deutschen Spielern – und feiert Erfolge. Erst holten seine Schützlinge den Supercup gegen Dauerrivale Berlin Volleys, dann behielt die Mannschaft aus Friedrichshafen auch im Pokalfinale die Oberhand gegen die Hauptstädter, und schließlich marschierte der VfB als Hauptrundenerster nun bis in die Final-Playoffs. «Das ist eine bis jetzt sehr überragende Saison», meinte Heynen.

Geschäftsführer Sebastian Schmidt ist das nicht verborgen geblieben. Aber auch zwischen Heynen und ihm läuft nicht alles reibungslos. Schmidt kam im Sommer 2015 mit mehrjähriger Erfahrung als Manager und Geschäftsführer eines Basketballvereins an den Bodensee. Er soll den VfB weiter professionalisieren und als Marke noch stärker in der Region verankern. Vor allem sollen die Zuschauerzahlen langfristig wieder angehoben werden.

«Die Zusammenarbeit geht in die richtige Richtung», meinte Heynen. «Wir haben das gleiche Ziel», sagte Schmidt der «Schwäbischen Post». Zuneigung klingt anders, die beiden Führungsfiguren haben sich aber zusammengerauft. Der ehrgeizige Heynen kann sein Umfeld mit seinen Vorstellungen bisweilen vor den Kopf stoßen, werbewirksam sind sie aber oft. So kündigte er vor dem Champions-League-Heimspiel gegen Titelverteidiger Zenit Kasan im Januar an, jedem Zuschauer bei einem Sieg eine Kiste Bier zu spendieren. Am Ende gewann der VfB immerhin einen Satz, Heynen gab zumindest ein Bier aus.

So ist Heynen. Wenn eine Vereinsführung aber den eingeschlagenen Weg nicht mittragen will, scheut er selbst unangenehme Schritte nicht. Vorübergehend stand sogar der vorzeitige Abschied Heynens im Raum, der noch einen Vertrag für die folgende Saison besitzt. «Meine Arbeit wird hier geschätzt», beschwichtigte der Belgier längst, «und ich verstehe die Menschen am See besser.» Sie ihn wohl auch.


(dpa)

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