München – Jetzt müssen die Ancelotti-Bayern zeigen, was sie wirklich drauf haben. Im Dauerduell mit Lieblingsgegner FC Arsenal will sich der deutsche Fußball-Rekordmeister zum vierten Mal im Achtelfinale der Champions League gegen die Londoner durchsetzen.
«Das ist ein wichtiger Moment für uns», sagte Carlo Ancelotti, der schon am Dienstag zur Pressekonferenz in der Münchner Arena im feinen Anzug erschien, wie er ihn bei großen Spielen zu tragen pflegt.
Tiefenentspannt wie gewohnt beantwortete der Italiener die Fragen. Und der 57-Jährige ließ durchblicken, dass er im Achtelfinal-Hinspiel am Mittwochabend kein totales Risiko gegen «die brandgefährliche Kontermannschaft» des FC Arsenal gehen will. «Es ist ein Duell über 180 Minuten, nicht 90», sagte Ancelotti unter Einbezug der entscheidenden zweiten Partie am 7. März in London.
«Wir freuen uns einfach auf die internationale Plattform, einen Topgegner und zwei hoffentlich gute Spiele von uns», sagte Manuel Neuer. Vor 70 000 Zuschauern in der Festung Allianz Arena wollen die Münchner ihre wahre Stärke demonstrieren und ihre Heimserie in der Königsklasse auf 16 Siege am Stück ausbauen. «Wir wollen Arsenal von der ersten Minute unter Druck setzen», kündigte Mats Hummels an.
«Alle warten auf dieses Spiel. Es wird eine große Herausforderung für uns», verkündete Torjäger Robert Lewandowski vor der Kraftprobe mit dem gerade etwas schwächelnden englischen Spitzenteam um Weltmeister Mesut Özil. Nach vielen Auftritten mit pragmatischem Ergebnisfußball und zu wenigen mitreißenden Fußballfesten beginnt jetzt die Phase, die Ancelotti wie kein zweiter Trainer beherrscht. Der Italiener gewann als einziger Coach dreimal die Champions League, für Karl-Heinz Rummenigge ist er deshalb der «Spezialist auf der Bank».
Nach drei unterschiedlich ausgestalteten Halbfinal-Lektionen in der Ära des Perfektionisten Pep Guardiola wollen die Münchner den ersten Schritt Richtung Endspiel am 3. Juni im «Millennium Stadium» von Cardiff machen. «Wenn wir das Beste für das Ende bewahren, ist es gut», sagte Arjen Robben, der vermutlich zusammen mit Douglas Costa über die Außenbahnen Druck machen soll. Thomas Müller dorht die Bank.
Ancelotti dürfte kaum dieselben Fehler wie Guardiola machen. Ancelotti weiß genau, wie man den Titel gewinnt. Ancelotti wird die Mannschaft für das Frühjahr schon auf punktgenau in Topform bringen. So oder ähnlich klingen die vorauseilenden Lobeshymnen für den 57-Jährigen, dem die Triumphe der Vergangenheit Recht geben. Und die jüngsten Bayern-Siege sowieso. «Wir haben bislang super Ergebnisse in allen Wettbewerben erzielt», erklärte Ancelotti.
108 Tage vor dem erträumten Finale wird es dem coolen Italiener letztendlich egal sein, mit welcher B-Note seine Mannschaft die Hinspiel-Prüfung besteht. Einzig das Weiterkommen zählt. In den Achtelfinal-Auflagen 2005, im Triplejahr 2013 sowie 2014 wurden die «Gunners» aus London dreimal vom FC Bayern bezwungen.
«Arsenal macht in dieser Saison einen besseren und konstanteren Eindruck», warnte Philipp Lahm vor Özil & Co. Für den 33-jährigen Lahm steht auf der Abschiedstournee das erste von maximal sieben Spielen in seinem Lieblingswettbewerb an. «Es ist nicht wirklich ein Nachteil, zuerst zuhause zu spielen. Man hat im Rückspiel auswärts die Möglichkeit, mit einem Tor sehr viel zu verändern», sagte der Münchner Kapitän zur ungewohnten Ausgangslage. «Zu Null zu spielen ist ein wichtiger Faktor in den K.o.-Spielen», betonte auch Hummels.
Franck Ribéry und Jérôme Boateng werden beim Hinspiel noch fehlen. Auch Xabi Alonso ist angeschlagen. Der spanische Mittelfeldstratege Routinier konnte aber am Dienstag trainieren. «Alonso kann beginnen, er ist wichtig», berichtete Ancelotti. «Wir müssen idealerweise gewinnen und am besten zu Null. Dann hätten wir ein kleines Polster für das zweite Spiel in London, das wäre schön», lautet Rummenigges Vorgabe.
Das Team von Trainer Arsène Wenger könnte in den Spielen sieben und acht in den vergangenen fünf Jahren gegen Bayern gerade recht kommen. Von Platz zwei ist Arsenal in der Premier League auf Rang vier zurückgefallen. Özil sucht seine Topform. Trainer-Instanz Wenger steht nach über zwei Jahrzehnten beim Traditionsclub in der Kritik.
Gerade Özil soll und muss liefern. «Vielleicht ist es wieder mal Zeit, dass Mesut ein Tor schießt. Er muss sein Selbstvertrauen wiederfinden. Er vergibt Chancen, die für ihn nicht unmöglich sind», sagte Wenger über den wichtigsten der drei deutschen Weltmeister bei Arsenal. Özil sucht die Topform, Stürmer Alexis Sanchez hat sie.
(dpa)