«Haufen Mist»: Vettels WM-Chance nach Suzuka-Reinfall dahin

Suzuka – Aller WM-Hoffnungen beraubt fand Crashpilot Sebastian Vettel deutliche Worte. «Das ist ein ziemlicher Haufen Mist, der kann ja nicht mehr größer werden», klagte der Ferrari-Fahrer nach dem verdorbenen Japan-Wochenende, das Lewis Hamilton fast schon zum Formel-1-Weltmeister machte.

Dank seines spielerischen Sieges in Suzuka am Sonntag muss der britische Mercedes-Star in zwei Wochen in Austin acht Punkte mehr als Vettel holen, dann ist er zum fünften Mal Champion. «Wir haben es ihnen zuletzt zu einfach gemacht», bekannte Vettel, der wegen einer unnötigen Kollision mit Red-Bull-Heißsporn Max Verstappen nur als Sechster ins Ziel kam.

Auf 67 Punkte wuchs damit der Rückstand des Hessen auf Hamilton vier Rennen vor Schluss. Gewinnt der entfesselte Silberpfeil-Fahrer auch auf seiner Paradestrecke in Texas, muss Vettel Zweiter werden, um den mathematischen K.o. noch einmal zu verschieben. Zweifel aber gibt es am nächsten Titel für Hamilton nach sechs Siegen in den vergangenen sieben Rennen nicht mehr. «Ich bin so glücklich, ich liebe dieses Auto, ich liebe diese Strecke», schwärmte der 33-Jährige nach einem perfekten Japan-Gastspiel.

Zum 50. Mal gewann er für das Mercedes-Werksteam. «Wir sind in diesem Jahr als Team immer stärker geworden», lobte Hamilton. Hinter ihm machte der Finne Valtteri Bottas den vierten silbernen Doppelerfolg des Jahres perfekt. Dritter wurde Verstappen, obwohl er zunächst mit Kimi Räikkönen und dann mit Vettel aneinandergeraten war.

Noch lange nach der Zieldurchfahrt haderte Vettel mit der Szene in Runde acht und dem unnachgiebigen Niederländer. «Er lässt mir keinen Raum, ich bedaure den Angriff nicht», versicherte Vettel immer wieder. Dass es womöglich besser gewesen wäre, einfach abzuwarten, bis Verstappen seine Fünf-Sekunden-Strafe für den Rempler gegen Räikkönen absitzt, ließ er nicht gelten. «Wenn ich es in der Kurve nicht versuche, kann ich auch auf dem Sofa bleiben», konterte Vettel.

Verstappen sah es wie so oft ganz anders. «In der Kurve kann man gar nicht überholen», sagte der 21-Jährige. Red-Bull-Teamchef Christian Horner meinte: «Das ist das Ende von Sebastians WM. Max wird heute nicht sehr beliebt in Italien sein.»

Das Ferrari-Debakel in Japan hatte schon am Samstag in der Qualifikation seinen Lauf genommen. Im entscheidenden Durchgang zog das Team bei Vettel und Räikkönen die falschen Reifen auf, dann versteuerte sich der Deutsche und durfte daher nur als Achter starten. «Wenn es so läuft, dann fällt es den anderen in den Schoß», resümierte Vettel. «Inakzeptabel», schimpfte Teamchef Maurizio Arrivabene.

Der Reinfall von Suzuka setzte die Serie von Patzern und Pannen der Scuderia fort. Mit Vettels Ausrutscher im Regen von Hockenheim, der ihn im Juli den Heimsieg und die WM-Führung kostete, begannen schwarze Wochen für den Rennstall. Aus einer Saison, die lange wie ein actionreicher Krimi wirkte, ist die Spannung wegen des erneuten Einbruchs von Ferrari erstaunlich früh entwichen. «Wir können die Zeit leider nicht zurückdrehen», sagte Vettel und rückte seine schwarze Sonnenbrille gerade.

Schuldzuweisungen aber ließ er sich auch nach dem wohl entscheidenden Tiefschlag nicht entlocken. «Ich bin Teil dieses Teams. Der Geist dieser Mannschaft ist ungebrochen», sagte Vettel, der auch im vierten Jahr nach seinem Wechsel von Red Bull zu Ferrari den ersehnten Titel verpassen wird.

Statt Vettel wird nun Hamilton bald die Marke von Formel-1-Ikone Juan Manuel Fangio einstellen und zum fünften Mal den WM-Pokal erobern. Nur Michael Schumacher mit seinen sieben Triumphen ist dann noch vor ihm. Sowohl dieser Rekord wie auch Schumachers bislang unerreichte 91 Grand-Prix-Siege scheinen für Hamilton greifbarer denn je. «Schritt für Schritt» wolle er seinen Zug durch die Geschichtsbücher fortsetzen, ließ er nach seinem 71. Rennsieg wissen.

Die Reise nach Austin, wo er bislang fünf der sechs Rennen für sich entschied, soll nun schon die Krönung dieser Saison bringen. «Das hoffe ich wirklich. Es sind immer noch 100 Punkte zu vergeben, wir dürfen nicht nachlassen», mahnte Hamilton. Sein entrücktes Grinsen indes verriet die Glücksgefühle des kommenden Weltmeisters 2018.


(dpa)

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