Hart, aber fair: Heribert Bruchhagen feiert 70. Geburtstag

Hamburg – Seine langjährige Vorstandskarriere? Ist endgültig vorbei. Irgendein Fußballspiel? Findet gerade nicht statt. Und so feiert Heribert Bruchhagen seinen 70. Geburtstag zu Hause in Ostwestfalen, und nicht auf irgendeiner Geschäftsstelle oder in einem Stadion.

Bruchhagen macht heute genau das, was enge Freunde und Wegbegleiter einem der prägendsten und streitbarsten Fußball-Funktionäre der vergangenen 30 Jahre kaum zugetraut hätten. Keine Angst, sagt Bruchhagen gleich hinterher. «Am nächsten Samstag feiere ich in Frankfurt mit der Fußballfamilie.»

Und die ist in seinem Fall sehr groß. Clemens Tönnies vom FC Schalke 04 kommt zu dieser Feier, Fredi Bobic von Eintracht Frankfurt oder auch Harald Strutz, der frühere Langzeit-Präsident von Mainz 05. Nach 51 Jahren im Berufsfußball gibt es niemanden, den Bruchhagen dort nicht kennt. Und nichts, was er in dieser Zeit nicht gemacht hätte. Er war Spieler und Trainer beim FC Gütersloh, Manager bei Schalke, dem HSV und Arminia Bielefeld, Geschäftsführer bei der Deutschen Fußball Liga sowie Vorstandschef bei Eintracht Frankfurt und dem Hamburger SV.

Was er über seine letzte Station beim HSV erzählt, sagt viel über Bruchhagen aus. Er hat eine klare Meinung und spricht die auch aus. Aber er nimmt sich nie wichtiger, als es das Große und Ganze ist.

«Ich habe gehofft, noch einmal etwas Positives zu bewirken. Aber das ist mir leider nicht gelungen», sagt er der Deutschen Presse-Agentur über die Zeit von Dezember 2016 und März 2018. Er schaffte mit dem HSV in der ersten Saison die Rettung. Er wurde dann aber im Frühjahr abgesetzt, als alles auf den ersten Bundesliga-Abstieg des früheren Europapokalsiegers zulief. «Wenn die Ergebnisse nicht stimmen, dann rollen in Hamburg Köpfe», sagt Bruchhagen. «Ich habe 51 Jahre lang alle meine Verträge erfüllt – nur in Hamburg zweimal nicht.»

Verantwortlich dafür war beim zweiten Mal Bernd Hoffmann, und über den früheren wie aktuellen Vorstandschef des HSV sagt Bruchhagen: «Bernd Hoffmann hatte einen Masterplan. Er wollte unbedingt zurückkehren und hat das dann sehr geschickt gemacht. Das war alles vorhersehbar, und es war auch immer klar: Wenn Bernd Hoffmann diesen Job haben will, dann kriegt er ihn auch.»

Auch über die Abstiegsmannschaft des HSV sagt Bruchhagen: «Wenn Spieler wie Lewis Holty sagen, ‚Jetzt macht mir Fußball wieder Spaß‘, dann fällt einem dazu nichts mehr ein. Solche Spieler haben beim HSV drei bis vier Millionen Euro verdient, aber sie haben dem Beiersdorfer den Job gekostet, dem Gisdol den Job gekostet, dem Todt, dem Hollerbach und am Ende auch noch mir.»

Bruchhagen kritisiert die Dinge, aber er beklagt sie nicht. Das ist ein feiner Unterschied. «Das ist das Machtspiel Bundesliga», meint er ganz nüchtern. «Und ich sage ganz klar: Beklage nicht Dinge, von denen du 31 Jahre auch profitiert hast.»

Es gibt viele in dieser Branche, die sagen: Am Ende war er zu konservativ für diesen Job. Den Abstieg des HSV hätte er vielleicht verhindern können, wenn er im Januar nicht den hemdsärmeligen Bernd Hollerbach zum Trainer gemacht hätte, sondern damals schon den innovativen Christian Titz.

Auch in Frankfurt sagte selbst der enge Freund und Eintracht-Präsident Peter Fischer in einem «FAZ»-Interview: «Er war ganz wichtig für die wirtschaftliche Konsolidierung der Eintracht. In den letzten eineinhalb Jahren haben wir aber jede Menge Vorhaben in einem Tempo umgesetzt, das früher undenkbar war.» Früher – das waren die fast 14 Jahre mit dem Vorstandschef Bruchhagen.

Eines von dessen Schlagworten ist die «Zementierung» der Tabelle. Dass die wirtschaftliche Schere in der Bundesliga immer weiter auseinandergeht, davor hat er schon vor fast 30 Jahren gewarnt.

Bruchhagen erzählt aber auch: «Als wir im Ligaausschuss beschlossen haben, dass es samstags im Fernsehen eine Bundesliga-Konferenz geben wird, da habe ich gesagt: Bitte schreiben Sie ins Protokoll: Wenn wir das machen, bleiben die Stadien leer. Eine falschere Aussage hätte ich gar nicht treffen können.» Heute würden «über 100 Millionen Euro für Spieler gezahlt und 1,2 Milliarden an TV-Geldern ausgeschüttet. Aber die Leute kommen immer noch. Und deshalb glaube ich auch, dass dieses festgefügte Tabellenbild dem Produkt nicht schadet.»


(dpa)

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