Handballer scheitern im WM-Achtelfinale

Paris – Nach dem Tiefschlag zum Ende seiner Amtszeit saß Handball-Bundestrainer Dagur Sigurdsson mit leerem Blick auf seinem Stuhl. Seine Spieler schlichen fassungslos aus der Halle in Paris, Teammanager Oliver Roggisch raufte sich immer wieder die Haare.

Unmittelbar nach dem überraschenden 20:21 (10:9) im Achtelfinale der WM in Frankreich war den Bad Boys das frühe Aus unbegreiflich.

«Das ist ein sehr großer Schock für uns, eine große Enttäuschung, das Spiel nicht gewonnen zu haben», sagte Sigurdsson. «Wir haben viele Fehler gemacht, auch ich habe Fehler gemacht.»

Die hochnervöse Mannschaft des Isländers hatte zuvor gegen den Vize-Weltmeister zu keinem Zeitpunkt an die teils starken Vorstellungen der Vorrunde anknüpfen können. Damit endet die rund zweieinhalbjährige Amtszeit des Isländers mit einem Tiefschlag. Noch in diesem Jahr wird er mit seiner Familie von Berlin zurück nach Island ziehen und von dort aus regelmäßig nach Japan reisen, um das Nationalteam zu betreuen. «Das ist unglaublich bitter. Wir haben einfach zu viele Fehler gemacht», sagte Rückraumspieler Paul Drux.

Beste deutsche Werfer vor 10 209 Zuschauern in Paris waren Rechtsaußen Patrick Groetzki und Altstar Holger Glandorf mit je vier Treffern – was aber auch nicht half. Stattdessen spielt Katar nun am Dienstag (20.45 Uhr) im Viertelfinale gegen Slowenien. «Wir hatten letztes Jahr mit dem EM-Titel ein großartiges Jahr. Aber manchmal läuft es einfach ganz anders», sagte Sigurdsson.

Erneut startete die DHB-Auswahl zwar hochkonzentriert und lag nach zehn Minuten bereits mit vier Toren in Front. Aber genauso schnell bauten die Bad Boys danach wieder ab. Sigurdssons Mannschaft zeigte gerade im ersten Durchgang ungewöhnlich oft Nerven und schwächelte im Angriffsspiel. Zwar vereitelte Wolff mit seinen Paraden etliche Versuche der Kataris, doch gerade im Aufbau fehlte zunächst die Struktur. Auf Fehlpässe von Spielmacher Steffen Fäth folgten Ungenauigkeiten im Abschluss, wodurch der Gegner immer wieder zu Kontergelegenheiten kam. Vor allem Superstar Rafael Capote wusste diese einige Male zu vollenden.

Doch dass Katar das Spiel im ersten Durchgang eng gestaltete, lag vor allem an der nervösen DHB-Auswahl selbst. Dabei hatte das Nationalteam des Wüstenstaats nicht mehr viel mit dem Silbermedaillengewinner vor zwei Jahren zu tun. 2015 hatte Katar die Deutschen im Viertelfinale besiegt (26:24). Von den damals extra für die Heim-WM für viel Geld eingebürgerten Top-Stars waren neben dem Kubaner Capote lediglich noch Weltklasse-Keeper Danijel Saric und der Franzose Bertrand Roine dabei.

Und es war ebenfalls Sigurdssons Team selbst, das Saric kurz vor der Pause zur Höchstform auflaufen lief. Zahlreiche unpräzise Würfe wehrte der Bosnier mit starken Reflexen ab – und war sogar einmal selbst erfolgreich, als er den Ball über das gesamte Feld ins leere deutsche Tor warf. Nur dank des ersten Turniertreffers des nachnominierten Glandorf ging die DHB-Auswahl mit einer knappen Führung in die Pause.

Dennoch überraschte die anfängliche Unsicherheit der jungen DHB-Auswahl, da Sigurdsson erneut seine zuletzt gegen Kroatien überragende Stammformation aufs Feld geschickt hatte. Aber neben dem deutschen Angriff zeigte sich auch die Defensive um den 2,10 Meter großen Finn Lemke nach dem Umzug von Rouen in die französische Hauptstadt zunächst noch nicht akklimatisiert.

Das änderte sich auch mit dem Seitenwechsel nicht. Routinierte Spieler wie Europameister Hendrik Pekeler leisteten sich im zweiten Durchgang individuelle Fehler und hielten den Asienmeister dadurch unfreiwillig im Spiel. Es lag erneut an den qualitativ nicht mehr erstklassigen Kataris, dass Deutschland seine Führung dennoch langsam ausbaute. Vor allem der 33-jährige Glandorf half der Mannschaft in den kritischen Phasen mit seiner Erfahrung.

Doch Katar kam wieder und wieder ran, Saric parierte Versuch um Versuch – und durch die Rote Karte für Kreisläufer Patrick Wiencek schwächte sich die DHB-Auswahl zehn Minuten vor Schluss auch noch selbst.


(dpa)

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