Singapur – Nach dem Crash-Desaster von Singapur klammerte sich Sebastian Vettel trotzig an die rasant schwindenden Titelhoffnungen.
«Es geht weiter, es ist jetzt kein Weltuntergang, aber natürlich hilft es nicht», sagte der Ferrari-Pilot nach seinem frühen Schock-Aus, das beim verregneten Formel-1-Nachtrennen den Weg für WM-Spitzenreiter Lewis Hamilton zum dritten Sieg in Serie frei machte.
Der Start-Unfall mit Red-Bull-Teenager Max Verstappen und Teamkollege Kimi Räikkönen beraubte Polesetter Vettel der Chance, wieder die WM-Führung zu erobern, und warf ihn im Titelrennen nun auf insgesamt 28 Punkte hinter Hamilton zurück.
«Das ist natürlich doof, aber was sollen wir machen», sagte Vettel, um Erklärungen für den Unfall ringend, den er selbst mitverursacht hatte. Ausgerechnet auf der vermeintlichen Ferrari-Paradestrecke war für beide Scuderia-Piloten das Rennen schon nach wenigen Metern gelaufen, während Hamilton das Chaos am Anfang cool zum siebten Saisonsieg vor Daniel Ricciardo im Red Bull und Teamgefährte Valtteri Bottas nutzte. Vor den verbleibenden sechs Grand Prix des Jahres scheint der Weg zum vierten Titel für den Briten frei, zumal die letzten Strecken die Mercedes bevorteilen dürften.
Auch Vettels Landsmann Nico Hülkenberg kam im Renault nicht ins Ziel, nachdem er zu Beginn noch auf den ersten Podiumsplatz seiner Karriere hatte hoffen dürfen. Die rabenschwarze deutsche Bilanz komplettierte der einmal mehr punktlose Pascal Wehrlein im Sauber.
Die Startaufstellung hatte noch wie eine Verheißung für Vettel gewirkt. Mit einer Zauberrunde holte sich der viermalige Singapur-Sieger am Samstag die Pole Position und startete damit vier Plätze vor Hamilton, der nicht über Platz fünf hinausgekommen war. Nach den Niederlagen von Spa und Monza, die den Deutschen erstmals in diesem Jahr die WM-Führung gekostet hatten, schien alles für eine Rückkehr an die Spitze der Gesamtwertung bereitet.
Doch der Dauerregen am Sonntag deutete schon auf ein mögliches Renn-Chaos hin. Noch nie seit der Premiere 2008 hatte es bei dem Flutlichtrennen an der Marina Bay geregnet, dennoch entschied sich die Rennleitung gegen einen Start hinter dem Safety Car.
Als die roten Ampeln erloschen, schoss Räikkönen von Platz vier links neben den vor ihm gestarteten Verstappen. Vettel kam mittelprächtig weg und drängte von rechts neben den Niederländer. «Wenn man um die WM fährt, sollte man solche Risiken nicht eingehen», sagte Verstappen und gab Vettel die Schuld für die Kollision.
Mit entsetztem Gesicht beobachtete Ferrari-Teamchef Maurizio Arrivabene die Szene, die vielleicht schon die WM entschied. «No», stöhnte der Italiener, als die drei Autos an der Spitze kollidierten und zunächst Räikkönen und Verstappen mit schweren Blechschäden von der Piste rutschten. Kurz darauf drehte sich dann auch Vettel in die Mauer, riss sich die Frontpartie ab und strandete mit seinem Wrack neben der Strecke.
«Ich wollte Max vor der Kurve ein bisschen die Linie zumachen, habe gesehen, dass er schon neben mir war. Im nächsten Moment hat es schon geknallt», berichtete Vettel, um Fassung bemüht. Auf dem Rücksitz eines Motorrollers war er zur Garage zurückgekehrt und schlurfte in Bermuda-Shorts schon durch das Fahrerlager, als die Konkurrenz erst die zehnte Runde absolvierte. Er habe Räikkönen einfach nicht gesehen, versicherte Vettel. «Das ist natürlich blöd gelaufen, weil wir beide draußen sind», sagte er.
Zu allem Überfluss war Hamilton der große Gewinner inmitten des Chaos. Schon nach der dritten Kurve führte der Silberpfeil-Star das Rennen an und behielt auch danach den Durchblick. Weder das Durcheinander nach dem Vettel-Aus noch die erneute Safety-Car-Phase elf Runden später, als der Russe Daniil Kwjat seinen Toro Rosso in die Begrenzung jagte, konnte Verfolger Ricciardo zur Attacke nutzen.
Mit schnellen Runden auf dem nur langsam abtrockenenden Stadtkurs hielt Hamilton den Australier auf Distanz. Unter normalen Bedingungen im Training hatten die Red Bull noch deutlich stärker als die Mercedes gewirkt, aber Hamilton zeigte seine ganze Klasse. Auch ein weiterer Safety-Car-Einsatz nach einem Unfall des schwedischen Sauber-Piloten Marcus Ericsson änderte am Ergebnis nichts mehr.
(dpa)