Härtetest gegen Ungarn – Der Fahrplan zur EM

Am 12. Juni wird es ernst für die deutsche Fußball-Nationalmannschaft. Da nämlich steigt das erste Gruppenspiel der Europameisterschaft in Frankreich. Bis zum Duell mit der Ukraine haben Bastian Schweinsteiger & Co. aber noch ein straffes Programm vor sich. Nach dem Saisonende in den Klubs gibt es für die Spieler kaum Zeit zum Verschnaufen – ein Trainingslager und zwei Testspiele stehen an. Wir geben einen Überblick über den Fahrplan von Jogis Jungs.

Am 14. Mai steigt der letzte Spieltag in der Bundesliga und eine Woche später das DFB-Pokalfinale in Berlin. Vermutlich schon montags darauf, am 23. Mai, wird Jogi Löw seine Schützlinge zusammentrommeln. Dann beginnt die Vorbereitung auf die Europameisterschaft in Frankreich – knapp drei Wochen hat der Bundestrainer Zeit, um sein Team auf das Auftaktspiel gegen die Ukraine am 12. Juni in Lille vorzubereiten. Es geht direkt ins Trainingslager nach Ascona im Tessin am Lago Maggiore. Löw wird wohl zunächst einen vorläufigen Kader mit etwa 30 Spielern benennen, der bis zum Turnier auf 23 Akteure reduziert werden muss. Spätestens am 31. Mai muss er seinen endgültigen Kader an die Uefa schicken.

Löw kann bis zum Turnierstart nachnominieren – 2014 erwischte es Reus

Schon bei den letzten großen Turnieren hat das Trainerteam gute Erfahrungen damit gemacht, mit einem erweiterten Kader in die Vorbereitung zu gehen. Bei Verletzungen beispielsweise muss niemand aus dem Urlaub direkt auf den Platz geholt werden, der davor noch nicht beim Team war. Zudem kann sich Löw bei einigen Wackelkandidaten ein paar Tage aus nächster Nähe ein Bild machen und sich dann sicher sein, dass er die besten 23 nominiert. Gerade bei Verletzungen kann auch nach dem eigentlichen Nominierungsschluss noch gehandelt und bis Turnierbeginn nachgelegt werden. Vor der WM 2014 kam es zu dieser Situation, als Hoffnungsträger Marco Reus sich wenige Tage vor Turnierstart schwer verletzte. Für ihn wurde Skhodran Mustafi nachnominiert, der in Brasilien dann sogar dreimal eingesetzt wurde – bis er im Achtelfinale gegen Algerien verletzt ausgewechselt werden musste. Davon, dass ihm wieder ein so wichtiger Spieler wie Reus direkt vor dem Turnierstart wegbricht, würde Löw in diesem Sommer wohl gerne verschont bleiben – auch wenn es in Brasilien mit dem WM-Titel ja bekanntlich trotzdem geklappt hat. Im letzten Testspiel gegen Ungarn in Gelsenkirchen am 4. Juni wird der Bundestrainer sicherlich froh sein, wenn nach Abpfiff alle Mann wieder gesund den Platz verlassen.

Generalprobe gegen Ungarn: 2004 ging es schief

Auch sonst soll bei der Generalprobe gegen das von Ex-Bundesligaprofi Bernd Storck trainierte Team der Ungarn natürlich nichts schiefgehen. Auf Schalke soll das Team zeigen, dass es bereit ist für den Turnierstart eine Woche später. Das ist ausgerechnet gegen die Ungarn auch schon einmal schiefgegangen: Einige Fans der älteren Generation werden sich noch daran erinnern, wie man kurz vor der ohnehin völlig verkorksten EM 2004 mit 0:2 gegen die Magyaren verlor. Damals standen Spieler wie Fredi Bobic, Dietmar Hamann, Jens Nowotny, Oliver Kahn oder Christian Wörns in der Startelf. Die Nachwuchshoffnungen Bastian Schweinsteiger und Lukas Podolski wurden eingewechselt.

Seitdem wurde nicht nur der Fußball der Nationalmannschaft ansehnlicher und die Turnierergebnisse erfreulicher, sondern auch die Ergebnisse der Generalproben. In den letzten Jahren bestand jedenfalls immer ein Zusammenhang zum Turnierergebnis, wie die Tabelle zeigt. Lief das letzte Testspiel gut, lief auch das Turnier gut – und umgekehrt. Vor dem WM-Titel in Brasilien gab es ein überzeugendes 6:1 gegen Armenien zu bestaunen, mit dem Wermutstropfen durch die Reus-Verletzung.

Die Turnier-Generalproben seit 2004

Jahr Spiel Ergebnis Turnierergebnis
2004 Deutschland – Ungarn

 

0:2 Vorrunden-Aus (EM)
2006 Deutschland – Kolumbien

 

3:0 Platz 3 (WM)
2008 Deutschland – Serbien

 

2:1 Platz 2 (EM)
2010 Deutschland – Bosnien-Herzegowina

 

3:1 Platz 3 (WM)
2012 Deutschland – Israel

 

2:0 Halbfinal-Aus (EM)
2014 Deutschland – Armenien

 

6:1 Turniersieg (WM)

 

Die Ungarn werden kurz vor dem Turnier noch mal ein echter Härtetest, immerhin fährt die Mannschaft um die Bundesliga-Profis Adam Szalai (Hannover) und Laszlo Kleinheisler (Bremen) ebenfalls zur Europameisterschaft. Das Team von Bernd Storck und Co-Trainer Andreas Möller sollen von Spielweise und Klasse den deutschen Gruppengegnern Ukraine, Polen und Nordirland ähneln und wurden deswegen für das letzte Testspiel ausgewählt. In der Gruppe ist Deutschland haushoher Favorit auf Platz eins, Löws Team wird als Weltmeister natürlich auch als Top-Kandidat für den Turniersieg gehandelt.

Wiedersehen mit Polen – Duell um den Gruppensieg?

Ein Spaziergang zum Gruppensieg wird es für die Truppe um Kapitän Schweinsteiger aber wohl kaum werden. Das zeigte allein die EM-Qualifikation: Gegen Polen gab es neben einem Sieg im Rückspiel auch eine Niederlage, den Gruppensieg holte Deutschland mit nur einem Pünktchen Vorsprung vor Robert Lewandowski & Co. In Frankreich trifft man sich wieder, das zweite Gruppenspiel am 16. Juni in St-Denis könnte schon zum vorgezogenen Endspiel um den Gruppensieg werden.

Doch bis dahin steht dem DFB-Team noch eine Menge Arbeit ins Haus. Jogi Löw wird währenddessen wohl insgeheim darauf hoffen müssen, dass der FC Bayern nicht das Finale der Champions League erreicht, das am 28. Mai in Mailand stattfindet. Die gesamten Bayern-Spieler um Manuel Neuer und Thomas Müller könnten dann erst sehr spät zum Team stoßen, was die Vorbereitung auf die EM erheblich beeinträchtigen würde.

DFB-Pokal, FA-Cup, Champions League – Wer spielt welches Finale? Löw muss warten

Auf den Verzicht auf wichtige Akteure bis zum DFB-Pokalfinale hat der Bundestrainer sich schon eingestellt. Das Spiel in Berlin findet am 21. Mai statt. Ein Duell FC Bayern gegen Borussia Dortmund ist noch möglich und gab Löw Anlass, erst danach mit dem Trainingslager zu beginnen. Sonst würde ihm sein halber Kader fehlen. Auch das Finale des englischen FA-Cups, in dem Bastian Schweinsteiger oder Mesut Özil noch landen könnten sowie das Endspiel der spanischen Copa del Rey, das Marc-André ter Stegen mit Barcelona bestreiten wird, finden am 21. Mai statt. Wenige Tage zuvor, am 18. Mai, findet zudem das Europa-League-Finale statt. Hier sind deutsche Nationalspieler unter anderem mit Leverkusen, Augsburg, Dortmund, Schalke, Man United (Schweinsteiger) und Galatasaray (Podolski) noch im Rennen.

Neben dem Test gegen Ungarn wird der Bundestrainer auch noch das Spiel am 29. Mai in Augsburg gegen die Slowakei zum Ausprobieren haben. Vor der Kadernominierung können die EM-Kandidaten nur noch bei den beiden Testspielen gegen England am 26. März in Berlin und drei Tage später gegen Italien in München ihre Visitenkarte bei Löw abgeben. Nach dem letzten Test gegen die Ungarn geht es dann nach Frankreich. Am 7. Juni soll das Quartier in Évian-les-Bains am Genfer See bezogen werden.

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