Moskau – Mexiko, Schweden und Südkorea – Joachim Löw nahm die WM-Gruppengegner mit einem kurzen Lächeln zur Kenntnis. Auf dem Weg zur anvisierten Titelverteidigung im Sommer 2018 in Russland soll die Vorrunde für den Fußball-Weltmeister ohnehin nur der Auftakt sein.
«Sportlich sehr interessante Gegner. In der Gruppe wollen wir den Grundstein für eine erfolgreiche Titelverteidigung legen. Das ist unser Ziel», sagte Löw. Was wichtig ist für das Löw-Team: Die befürchteten ganz langen Reisen nach Kaliningrad oder Jekaterinburg bleiben dem viermaligen Titelträger in der Gruppenphase erspart.
Die WM beginnt mit dem Eröffnungsspiel der russischen Auswahl im renovierten Luschniki-Stadion am 14. Juni gegen Saudi-Arabien. Russlands Nationalcoach Stanislaw Tschertschessow hatte einst beim FC Tirol unter Löw gespielt. Deutschland könnte als erst drittes Team nach Italien 1938 und Brasilien 1962 seinen Titel verteidigen.
Als der russische Fußball-Olympiasieger Nikita Simonjan vor 1400 Gästen in Moskau Deutschland die Gruppe F zugeordnet hatte, lächelte Löw das erste Mal. Denn schon damit stand fest, dass die DFB-Auswahl auf ihrem angestrebten Weg bis ins Moskauer Endspiel schon im Achtelfinale auf Brasilien treffen könnte. «Erschrocken bin ich sicherlich nicht. Es wird spannend, auch in der Gruppe. Es gibt für uns keinen Grund, nervös zu sein», sagte der Bundestrainer dem ZDF.
Lospate Diego Maradona zog für das DFB-Team als ersten Gegner Mexiko (17. Juni um 17.00 Uhr in Moskau) aus dem Topf. Schweden (23. Juni um 17.00 Uhr in Sotschi) und Südkorea (27. Juni um 16.00 Uhr in Kasan) folgten. «Eine sehr interessante Gruppe mit reizvollen Aufgaben für unsere Mannschaft», sagte DFB-Präsident Reinhard Grindel. Auch Nationaltorwart Manuel Neuer betonte: «Es sind alles sehr ernstzunehmende Gegner, bei denen es aber unser klares Ziel sein muss, uns als Gruppenerster durchzusetzen.»
Damit ist auch klar: Wahrscheinlich Brasilien, Schweiz oder Serbien könnten im Achtelfinale warten. Im Viertelfinale könnten England, Polen oder Belgien der Gegner sein. Ein Aufeinandertreffen mit Spanien, Frankreich oder Argentinien gibt es frühestens im Halbfinale.
Die deutschen Vorrundengegner nahmen ihr hartes Los mit gemischten Gefühlen auf. In Schweden, das noch auf ein Comeback von Zlatan Ibrahimovic hofft, beklagte der «Expressen» eine «Alptraumgruppe». Das «Aftonbladet» meinte: «Es gab drei bis vier Mannschaften, die man wirklich nicht haben wollte, eine davon ist Deutschland.» Südkoreas Trainer Tae-Yong Shin sagte: «Deutschland ist die beste Mannschaft, aber wir spielen zuerst gegen Schweden. Wir dürfen nicht den Fehler machen, uns zu sehr auf Deutschland zu konzentrieren.» Mexikos Nationalteam twitterte indes: «Wir haben vor nichts und niemandem Angst!»
Mit «einer gewissen Spannung» hatte Löw seinen blau gepolsterten Sitz in Reihe vier im gewöhnungsbedürftigen Sowjetbau unmittelbar neben dem Amtssitz von Wladimir Putin eingenommen. Russlands Präsident eröffnete zusammen mit FIFA-Präsident Gianni Infantino die Auslosung. «Wir tun alles, damit die WM ein echtes Sportfest wird, aber das Wichtigste ist, dass sie die große und freundschaftliche Fußballfamilie stärker vereint», sagte Putin. «Unser Land kann die WM kaum erwarten.» Direkt danach verließ er wieder den Saal.
Der Weltverband will in Russland «die beste WM aller Zeiten» ausrichten, wie Infantino betonte. Mit einer bunten Show stimmten Opernstar Ildar Abdrasakow, das Igor-Moissejew-Volkstanz-Ensemble und andere Künstler im 1961 errichtete Kremlpalast auf einen emotionalen Sommer 2018 im größten Flächsenstaat der Welt ein.
195 Tage vor dem Eröffnungsspiel am 14. Juni 2017 brachte WM-Rekordtorschütze Miroslav Klose als Vertreter des aktuellen Champions den Pokal auf die Bühne. Mit einem kurzen Kopfnicken übergab er den goldenen Cup an die Ausrichter: «Da kommen so viele emotionale Erinnerungen hoch», erklärte der Weltmeister-Stürmer. «Es hat etwas Magisches, wenn man sieht, welche tollen Fußballer diesen Pokal in der Hand halten konnten.»
Englands Ex-Star Gary Lineker und die russische TV-Moderatorin Maria Komandnaja leiteten dann zu den Losen über. In der unangenehmsten Gruppe begegnen sich Argentinien, Island, Kroatien und Nigeria (D).
Löw und sein Stab werden das DFB-Team auf jeden Gruppengegner intensiv vorbereiten. «Jede Mannschaft in Russland zeichnet sich durch Robustheit aus. Man lässt nie nach, bei der WM ohnehin nicht. Es wird ein ganz spezielles Turnier», sagte der Bundestrainer. «Wir wissen, dass wir als Favorit zur WM gehen. Dem werden wir uns stellen», ergänzte Teammanager Oliver Bierhoff.
Nach der Auslosung will Löw nun auch die Wahl des Teamquartiers forcieren, eine Entscheidung unmittelbar nach den Losen hatte der Bundestrainer aber ausgeschlossen. Neben Sotschi, wo der DFB beim erfolgreichen Confed-Cup-Auftritt im vergangenen Sommer positive Erfahrungen gesammelt hatte, ist weiter ein Basislager im Randgebiet von Moskau eine Option. Eine Entscheidung soll noch in diesem Jahr fallen.
(dpa)