Leverkusen (dpa) – Tayfun Korkut hat in der Fußballszene ausgezeichnete Kontakte. Er spielte unter den drei Weltmeister-Trainern Vicente del Bosque, Carlos Alberto und Joachim Löw, er hat in Harun Arslan denselben Berater wie der Bundestrainer – und auch Rudi Völler zählt zu seinen Vertrauten.
«Wir kennen uns schon viele Jahre», berichtete der Sportchef von Bayer Leverkusen. Deshalb sei nach der Trennung von Roger Schmidt «schnell klar» gewesen, wer die Elf-Spiele-Mission bis zum Saisonende übernehmen soll: «Tayfun hatte immer eine gute Spielidee. Deshalb war die Wahl für uns relativ einfach, auch wenn sie für den einen oder anderen vielleicht etwas überraschend kam.»
Das ist vorsichtig ausgedrückt. Denn für manchen Außenstehenden schien sich Korkuts Karriere als Profitrainer schon dem Ende zuzuneigen. Nach 16 durchwachsenen Monaten beim Erstligisten Hannover 96 musste er mehr als ein Jahr auf ein neues Engagement warten. Beim Zweitligisten 1. FC Kaiserslautern warf er dann im Dezember nach nur sechs Monaten hin. Öffentlich erklärt hat sich Korkut dazu bis heute nicht. Angeblich führte die Perspektivlosigkeit des viermaligen deutschen Meisters zu seinem ungewöhnlichen Schritt.
Keine drei Monate später ist der 42-Jährige zurück – und das auf ungleich höherem Niveau. In Leverkusen darf er erstmals einen (vermeintlichen) Bundesliga-Spitzenclub trainieren. Am Mittwoch kommender Woche feiert er mit Bayer beim Vorjahresfinalisten Atlético Madrid sogar sein Champions-League-Debüt. Es ist eine plötzliche und große Chance, seinen Ruf bei skeptischen Fans und Medien aufzubessern. Zum Start in Leverkusen wurde er vom «Express» gleich mal als «Retterchen» verspottet.
Doch seine zahlreichen Kontakte halten Korkut, der auch seinen Vorgänger Schmidt seit dem gemeinsamen Fußballlehrer-Lehrgang 2011 als «sehr, sehr guten Freund» bezeichnet, im Geschäft. So vielfältig sind sie auch wegen seiner ungewöhnlichen und bewegten Vita. Korkuts Eltern stammen aus Bulgarien, wanderten zunächst in die Türkei und dann nach Deutschland aus.
Sohn Tayfun wurde in Stuttgart geboren, erlebte als Profi und Trainer insgesamt schon 13 Stationen, ist verheiratet mit einer Spanierin und erzieht seine Kinder folgerichtig dreisprachig. «Ich kann im Moment nicht sagen, wo meine Heimat ist», erklärte er der «Süddeutschen Zeitung» im Jahr 2014.
Dank seines internationalen Netzwerks konnte er auch die Zwangspause zwischen April 2015 und Juni 2016 nutzen, um in Spanien, England und der Türkei zu hospitieren. Seine Idee vom Fußball sei geprägt durch die emotionale Komponente aus der Türkei, den spielerischen Aspekt aus Spanien und die Disziplin aus Deutschland, führte er einmal aus.
Auch unter den Bundesligakollegen genießt er damit einen ausgezeichneten Ruf. Außer Schmidt kennt er auch den Hamburger Markus Gisdol oder den Schalker Markus Weinzierl als Klassenkameraden von 2011. Auch Dortmunds Thomas Tuchel verbindet mit der gemeinsamen Spielerzeit bei den Stuttgarter Kickers «nur positive Erinnerungen».
Die Chance, auch die breite Öffentlichkeit von seinen Fähigkeiten zu überzeugen, hat Tayfun Korkut nun in Leverkusen.
(dpa)