Fußball wegen Anschlag für Three Lions nur Nebensache

Dortmund – Gareth Southgate fiel es sichtlich schwer, nur über Fußball zu reden. Bei der Frage nach den Terroranschlägen in London verfinsterte sich die Miene des englischen Nationaltrainers.

«Die Identität unserer Nation ist, dass wir weitermachen, dass wir fortfahren. Wir erlauben niemandem, uns von unserem Alltag abzubringen», kommentierte er in staatsmännischer Manier. Das unglückliche 0:1 (0:0) im Test gegen Deutschland geriet angesichts des Anschlags in London wenige Stunden zuvor mit mindestens fünf Toten zur Nebensache.

Noch auf dem Weg ins Dortmunder Stadion gab es Diskussionen, in welcher Form die Mannschaft auf die Geschehnisse reagieren soll. Auf die zunächst angedachte Schweigeminute wurde am Ende jedoch verzichtet. «Uns erschien es angemessener, etwas in London beim Heimspiel am Sonntag zu machen», sagte Southgate mit Verweis auf das anstehende WM-Qualifikationsspiel gegen Litauen im Wembley-Stadion.

Ähnlich äußerte sich Greg Clarke. «Unsere Gedanken sind bei denen, die von diesem schrecklichen Vorfall betroffen sind», sagte der Vorsitzende des englischen Fußball-Verbandes FA. Man werde bei der Partie gegen Litauen unter anderem den Mut der Sicherheitskräfte würdigen.

Laut Southgate erfuhr sein Team schnell, dass keine Angehörigen vom Anschlag betroffen waren. Den Profis sei es gleichwohl ein großes Anliegen gewesen, das Land im Moment der kollektiven Trauer würdig zu vertreten. «Wir hatten heute nicht den Sieg, den wir uns gewünscht haben, aber wir haben eine gute Moral gezeigt. Ich denke, dass konnten die Leute sehen,» urteilte der einstige Nationalspieler.

Das von ihm neu zusammengestellte Team lässt trotz der Niederlage für die Zukunft hoffen. Angesichts der starken Vorstellung konnte Southgate die erste Niederlage in seinem fünften Spiel als Nationalcoach verschmerzen: «Für uns war es eine gute Erfahrung. Ich bin zufrieden, weil wir viel gelernt haben. Was uns gefehlt hat, war der Abschluss. Wir hätten das Spiel gewinnen müssen.»

Nur eine bessere Chancenauswertung seines Teams verhinderte, dass sein mutiger Matchplan aufging. Die normalerweise auf viel Ballbesitz angelegte Spielidee des Weltmeisters inspirierte den Coach, auf ein für die englische Nationalmannschaft ungewohntes 3-4-2-1-System zu setzen: «Ich habe gesehen, wie Deutschland Mannschaften in der Abwehr festgenagelt hat. Wir brauchten ein System, um das zu verhindern.» Southgate stellte weitere Versuche in dieser Formation in Aussicht: «Es ist eine gute Option gegen bestimmte Gegner.»

Ähnlich wie der Coach sprach auch Kapitän Gary Cahill von Fortschritten. «Wir haben das Spiel vor allem in der ersten Halbzeit kontrolliert. Aber wir müssen geduldig sein», sagte der Abwehrspieler von Premier-League-Tabellenführer FC Chelsea.

Das stramme Linksschuss von Lukas Podolski aus gut 20 Metern in den Winkel besiegelte die erste Niederlage der Three Lions in Deutschland seit 30 Jahren. Anerkennend kommentierte Southgate den umjubelten Abschied des Matchwinners aus der DFB-Elf: «Normalerweise gibt es keine Märchen im Fußball. Heute hat es eines gegeben. Das ist eine wundervolle Nacht für ihn.»


(dpa)

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