Wolfsburg (dpa) – Andries Jonker soll Wolfsburg vor dem Abstieg retten. Maßgeblich mithelfen daran soll der frühere schwedische Weltstar Freddie Ljungberg, der in der niedersächsischen Provinz seine Trainerkarriere richtig starten will.
Mit dem bereits dritten Cheftrainer in dieser Saison ist auch der Glamour zurück beim VfL Wolfsburg. Geradezu krampfhaft hatte der Fußball-Bundesligist aus der niedersächsischen Provinz mit Transfers à la Stefan Effenberg, Marcelinho, Diego, André Schürrle und Julian Draxler jahrelang versucht, diesen einzukaufen. Nun gibt Ljungberg am Samstag im Auswärtsspiel beim FSV Mainz (15.30 Uhr) sein Debüt als Co-Trainer. Zusammen mit dem neuen Chefcoach Jonker soll der langjährige Arsenal-Profi den Tabellen-14. vor dem Abstieg retten.
«Freddie ist fußball-wahnsinning. Er isst, trinkt und lebt Fußball», sagte Jonker über den 39 Jahre alten Ljungberg. Eigentlich wirkt es geradezu grotesk, dass das einstige Unterwäschemodel den Weg zum VfL gefunden hat. Die Wolfsburger waren zuletzt darauf bedacht, eine Abkehr von schillernden Persönlichkeiten zu vollziehen.
Angesichts der seit Monaten anhaltenden sportlichen Krise und des Abgasskandals beim Mutterkonzern VW soll es unter dem neuen Sportchef Olaf Rebbe keine (zu) ambitionierten Ziele und (zu) kostspieligen Stars mehr geben. Kommende Saison erhält der VfL von VW 20 Millionen Euro weniger als zuletzt. Über 30 Millionen Euro teure Flops wie zuletzt Schürrle oder Draxler kann und will man sich nicht mehr leisten.
Nicht zuletzt deshalb fand die Personalie Ljungberg in dieser Woche fast mehr Beachtung als die Vorstellung des einstigen VfL-Co-Trainers Jonker als neuen Chef selbst. Dem Niederländer imponierte als Nachwuchskoordinator Arsenals die Arbeit Ljungbergs als U15-Coach der Londoner derart, dass er ihn mitnahm auf den Schleudersitz als VfL-Coach. «Er ist ein toller Typ und sehr motiviert», sagte Jonker.
Gemeinsam soll das Duo die Saison beim VfL halbwegs retten. Dies bedeutet, den mit Champions-League-Ambitionen gestarteten Club vor dem Abstieg zu bewahren. Geht es nach Jonker, scheint das kein Problem zu sein. «Ich habe ein gutes Gefühl, dass wir das hinbekommen», sagte der Nachfolger von Dieter Hecking (beurlaubt im Oktober 2016) und von Valérien Ismaël (beurlaubt am Sonntag): «Das, was ich auf dem Trainingsplatz sehe, gibt mir Hoffnung.» Jonker drückte es sogar noch banaler aus: «Alles ist gut und schön.»
Warum steckt der von vielen Experten qualitativ hoch eingeschätzte Kader dann so tief im Schlamassel? Warum wurden schon zwei Trainer verschlissen, von denen zumindest einer (Hecking) als Trainer von Borussia Mönchengladbach längst wieder in der Liga, im Pokal und im Europacup für Furore sorgt? «Die Spieler waren auch ehrlich, dass sie nicht immer gut zusammen gearbeitet haben», sagte Jonker dazu.
Zudem deutete der Niederländer nach Gesprächen mit den Spielern an, dass diese zuletzt taktisch möglicherweise überfordert worden seien: «Die Mannschaft will Klarheit darüber, was zu tun ist bei Ballbesitz und auch bei Ballbesitz des Gegners.» Erste taktische Maßnahme Jonkers für das Spiel in Mainz ist die Rückkehr von Dreierkette auf eine Vierer-Abwehrkette.
Schon einmal half Jonker einem Bundesliga-Club in der Not aus: 2011 übernahm er beim FC Bayern von seinem zuvor beurlaubten Chef Louis van Gaal, blieb in fünf Spielen ohne Niederlage und führte das Team noch in die Champions League. Dem heutigen VfL-Stürmer Mario Gomez gelangen damals neun Tore in besagten fünf Spielen.
Qualität im Kader sieht Jonker auch diesmal, das Problem liegt seiner Meinung nach in den Köpfen der Spieler. «Die Gefahr ist, dass sie an sich selbst vorbei laufen und zuviel Gas geben. Sie müssen das Köpfchen einschalten.» Genau dabei soll vor allem Ljungberg helfen.
(dpa)