Frankfurt/Main – Niko Kovac war sichtlich bewegt. Fast 800 Mitglieder von Eintracht Frankfurt erhoben sich zum donnernden Applaus, als der 46-Jährige bei der Jahreshauptversammlung eine lebenslange Mitgliedschaft bei seiner ersten Cheftrainerstation in der Fußball-Bundesliga einging.
«Niko-, Niko-Rufe», schallten durch Sporthalle am Riederwald. Kovac blieb auch in diesem Moment bescheiden. «Heute haben wir wieder die Nachricht gehört, dass ein Trainer in der Bundesliga entlassen wurde. Das kann ja irgendwann auch mich treffen», sagte er kokett. Doch davon ist der Trainer der Eintracht im Moment ungefähr so weit entfernt wie sein Präsident Peter Fischer von einer Aufnahme in die AfD. Denn bei der Mitgliederversammlung am Sonntag ging es nicht nur um den Streit zwischen dem Verein und der rechtspopulistischen Partei, sondern auch um das Bad im aktuellen sportlichen Erfolg.
Die Eintracht steht nach diesem Spieltag auf einem Champions-League-Platz. Spätestens das 2:0 (0:0) im Freitagabendspiel gegen Borussia Mönchengladbach zeigte: Kovac‘ Mannschaft spielt und punktet im Moment tatsächlich wie ein Europapokal-Kandidat.
«Aktuell gehören wir zu den Top Ten der Bundesliga, obwohl alle anderen in den Top Ten ein höheres Budget haben. Wir schießen also eher mit der Pfefferpistole und die anderen mit der Laserkanone», sagte auch Vorstandsmitglied Axel Hellmann. «Aber das Gute ist: Wir finden uns mit dem Wettbewerb in der Bundesliga nicht als gottgegeben ab. Sondern wir wissen, dass andere Vereine teilweise stärker sind, wir aber mit allen unseren Mitteln dagegen ankämpfen. Diese Mannschaft zeigt 100 Prozent an Willenskraft und 100 Prozent an Mentalität.» Auch dafür gab es donnernden Applaus.
Die Eintracht hat mittlerweile mehr als 50 000 Mitglieder und mehr als 50 000 Zuschauer im Schnitt. Auch im wirtschaftlichen Bereich «haben wir aktuell eine Phase des Wachstums und des Booms, wie sie Eintracht Frankfurt noch nie erlebt hat», sagte Hellmann.
Präsident Fischer wurde zudem am Sonntag mit 99 Prozent der Mitgliederstimmen wiedergewählt, gerade weil er sich im kosmopolitischen Frankfurt so deutlich gegen die AfD positioniert («Wir stehen für eine klare Haltung gegen Diskriminierung und Ausländerfeindlichkeit»). «Genauso stelle ich mir eine Eintracht vor», sagte Hellmann. «Es gibt eine klare Haltung, es gibt Würde, Stolz, sportlichen Erfolg und wirtschaftlichen Erfolg.»
Gerade das Freitagabendspiel gegen den direkten Konkurrenten aus Gladbach machte noch einmal deutlich, was diese Eintracht kann und was noch nicht. Spielerisch sind andere Teams auf den Plätzen zwei bis sieben besser – auch die Borussia. Die vergab in Frankfurt in der zweiten Halbzeit eine Chance nach der anderen. Was die Physis, die Einstellung und dank Spielern wie Kevin-Prince Boateng oder Omar Mascarell mittlerweile auch die individuelle Klasse angeht, sind die Frankfurter jedoch so stark, dass ein Einbruch wie in der Rückrunde der vergangenen Saison nicht zu befürchten ist.
«Wenn wir jetzt den 33. Spieltag hätten, dann würde ich sagen: Volle Attacke», sagte Sportvorstand Fredi Bobic. Und fügte gleich mahnend hinzu: «Nach dem 20. Spieltag hast du noch nichts erreicht. Nächste Woche in Augsburg: Das sind genau die schweren Spiele. Die können richtig wehtun. Da müssen wir wieder punkten.»
(dpa)