Kiel – Sie können nicht voneinander lassen. Die SG Flensburg-Handewitt und der THW Kiel haben sich nicht unbedingt gern, aber sie spielen mit Begeisterung gegeneinander.
Ob Handball-Bundesliga, Champions League, DHB-Pokal oder Supercup – am Sonntag treffen sich die Erzrivalen zum 96. Derby, diesmal wieder in der Bundesliga. «Das ist das beste Handballspiel der Welt», schwärmte THW- und Nationaltorhüter Andreas Wolff vor nicht allzu langer Zeit.
Und weil das so ist, übertragen gleich zwei TV-Sender die Partie live: Sky verschlüsselt und das NDR-Fernsehen frei empfangbar. Nicht jeder für sich, sondern beide im Verbund. Sie tauschen Kamerabilder aus, übergeben Spieler und Trainer bei Interviews. Der TV-Vertrag im Handball trägt Früchte. Die letzte Live-Übertragung des Derbys hatte es im NDR vor 17 Jahren gegeben.
Den Flensburgern kann es mit dem Anpfiff zum Spiel gar nicht schnell genug gehen. Am Mittwoch voriger Woche hatten sie in der Champions League eine überraschende 30:33-Heimpleite gegen den diesjährigen Jo-Jo-Verein THW erlitten. Elf Tage später will das Team von der dänischen Grenze die Schmach tilgen. Erneut hat es Heimrecht in der ausverkauften Flens-Arena. «Das Derby motiviert immer. Aber diesmal noch mehr», sagt SG-Geschäftsführer Dierk Schmäschke. «Die Derbys sind einfach tolle Handballspiele. Das sind Highlights der Saison.»
Der in den vergangenen Monaten arg gerupfte Rekordmeister aus Kiel hat mit dem jüngsten Sieg beim Nachbarn Selbstvertrauen gesammelt. Denn die erfolgsverwöhnten Kieler sind in dieser Saison auf rasanter Achterbahnfahrt. Da war der Sieg vor Wochenfrist Seelenbalsam pur. In der Bundesliga ist der «Ewige Zweite» aus Flensburg Tabellenführer (25:5 Punkte), der 20-malige Meister THW (19:11) nur Siebter.
Dass es das zweite Treffen binnen elf Tagen ist, scheint dabei nicht zu stören. «Bei der Derby-Inflation sind zehn Tage dazwischen schon echter Luxus», sagte THW-Pressesprecher Christian Robohm. «Das ist genug Zeit, um sich wieder aufeinander zu freuen.»
In der Vorsaison war das anders. Gleich dreimal in elf Tagen spielten die Teams aus Schleswig-Holstein gegeneinander, zweimal in der Champions League, einmal in der Liga. Am Ende konnten sie sich nicht mehr sehen und wollten in andere Gesichter blicken. Von der Dreierserie gewannen die Kieler zwei Spiele, einmal waren die Flensburger erfolgreich.
In der gesamten Derby-Historie liegen die Kieler mit 57:33 Siegen vorn, fünf Spiele endeten unentschieden. Die Flensburger machen eine andere Rechnung auf. In der Bundesliga gab es für den THW in Flensburg in den vergangenen sechs Jahren nichts zu holen. Der letzte Sieg der Kieler datiert vom 7. Dezember 2011 (32:27). Wie man in Flensburg Bundesliga-Punkte gewinnt, weiß aus der Kieler Mannschaft nur noch einer: der mittlerweile 37-jährige Christian Zeitz.
Die Kieler sind personell fast komplett. Kapitän Domagoj Duvnjak ist zurück, darf aber nur einen Kurzeinsatz absolvieren; Steffen Weinhold gibt nach Muskelfaserriss sein Comeback. «Wir würden gerne den Coup aus dem Champions-League-Spiel wiederholen», sagte Kreisläufer Patrick Wiencek. «Da waren wir auch nicht der Favorit, haben aber gezeigt, was wir können.» Aber nun ist ja Bundesliga angesagt …
(dpa)