Lahti – Nordische Ski-Weltmeisterschaften in Nordeuropa bedeuten immer ein Fest für die Gastgeber. Finnland stellte viele Jahre lang starke Mannschaften. Doch mittlerweile geben andere Nationen den Takt an der Weltspitze vor.
Ist Finnland eine ebenso klassische Ski-Nation wie Norwegen oder Schweden?
In jedem Fall. Allerdings gab es nie eine solche Dichte an Weltklasse-Athleten wie bei den Nachbarn. Deshalb erinnert man sich in erster Linie an die Stars, die eine Ära prägten. Im Langlauf waren das beispielsweise Juha Mieto, Harri Kirvesniemi, Mika Myllylä, Marja-Liisa Kirvesniemi, Hilkka Riihivuori oder Virpi Kuitunen.
Hatte Finnland auch in den anderen Disziplinen Weltklasse-Sportler?
Im Skispringen ist der viermalige Olympiasieger Matti Nykänen fast jedem Skisport-Interessierten ein Begriff. Auch Jari Puikkonen holte bei Olympia und Weltmeisterschaften Goldmedaillen. Und Janne Ahonen gewann fünfmal die Vierschanzentournee – das ist Rekord. In der Nordischen Kombination dominierte Finnland über viele Jahre mit Jari Mantila, Samppa Lajunen und dem viermaligen Gesamtweltcupsieger Hannu Manninen.
Warum ist es zuletzt ruhig um finnische Ski-Sportler geworden?
Die Krise im finnischen Skisport begann mit dem Dopingskandal bei den Weltmeisterschaften 2001 in Lahti, als sechs der besten Langläufer überführt wurden. Mit einem Schlag lag der Langlauf am Boden. Zwei Jahre später erwischte es mit Kaisa Varis die einzig übrig gebliebene Top-Läuferin. Daran hatte der Langlauf auf Jahre zu knabbern. Zurückgezogene Sponsorengelder für den Verband führten auch in anderen Disziplinen zur Stagnation. Weder im Skisprung noch in der Kombination wurden Nachwuchsleute erfolgreich an die Weltspitze geführt.
Wo haben die Finnen bei der Heim-WM die größten Medaillenchancen?
Ganz klar im Langlauf. Dort hat sich in den vergangenen Jahren einiges getan, vor allem im Frauen-Bereich. Krista Parmakoski wurde zuletzt bei der Tour de Ski Zweite. Mit Kerttu Niskanen, Anne Kyllönen und Laura Mononen befinden sich drei weitere Läuferinnen unter den Top-12 des Gesamtweltcups. In der Staffel ist Finnland ebenso ein heißer Medaillenkandidat wie im Teamsprint und auf den Klassikdistanzen. Auch die Männer sind auf einem guten Weg, allerdings in der Breite nicht so aufgestellt wie bei den Frauen. Matti Heikkinen und Ivo Niskanen befinden sich aber in der
Weltspitze.
Und wie sieht es im Skispringen und in der Kombination aus?
Die Skispringer sind nur noch ein Schatten ihrer selbst. Janne Ahonen ist zweimal nach einem Karriereende zurückgekommen, kann mit den Besten aber längst nicht mehr mithalten. Der Nachwuchs ist ebenfalls flügellahm. Bei den Kombinierern sieht es etwas freundlicher aus. Ilkka Herola und Eero Hirvonen sind hoffnungsvolle Talente, die durchaus für Top-Ten-Ergebnisse infrage kommen.
Muss man befürchten, dass die WM-Stimmung unter den geringen Aussichten der Gastgeber ähnlich leidet wie vor zwei Jahren in Falun?
Die Veranstalter befürchten das wohl. Deshalb hat man auch Hannu Manninen zu einem Comeback bewegt. Der 38-jährige Kombinierer bestritt beim Weltcup in Lahti Anfang Januar seinen ersten Wettkampf seit knapp sechs Jahren und schaffte dabei einen ordentlichen 18. Platz. Ob er allein die Massen anziehen kann, ist jedoch fraglich.
(dpa)