Brüssel – Beim Ausblick auf das reizvolle Gruppenfinale gegen die allseits bestaunten Champions-League-Torrekordler um Supermann Neymar reagierte Bayern Münchens Sportdirektor Hasan Salihamidzic überraschend unwirsch.
«Das ist mir total egal», blaffte Salihamidzic nach dem schmeichelhaften und künstlerisch armen 2:1 (0:0) beim RSC Anderlecht in den engen Gängen des Constant Vanden Stock Stadions die Reporter an und verkündete stattdessen: «Ich kann jetzt überhaupt nicht über Paris nachdenken, ich habe gerade andere Probleme.»
Sieg Nummer neun unter Jupp Heynckes versetzte die Münchner Kicker, die am Donnerstag aus Belgien mit dem Mannschaftsbus gleich weiter zum nahe gelegenen nächsten Spielort nach Mönchengladbach reisten, nicht in vorweihnachtliche Festtagsstimmung. «Das Spiel heute wird leider nicht in die Annalen des Weltfußballs eingehen. Aber das macht nichts. Solche Spiele sind am Ende des Tages wichtig, dass man sie gewinnt», sagte Bayern-Chef Karl-Heinz Rummenigge beim Mitternachtsbankett der Bayern-Delegation im Teamhotel.
Die Minus-Leistung rund um die siegbringenden Tore von Torjäger Robert Lewandowski und Kopfballschütze Corentin Tolisso hatte Ruhepol Heynckes sogar zu einer lauten Halbzeitansprache veranlasst. Der vierte Sieg im fünften Gruppenspiel, mit dem Platz eins eine Option blieb, war wahrlich «kein Ruhmesblatt», wie der Erfolgscoach sagte.
«Es lag an der Einstellung zum Spiel», gestand Weltmeister Jérôme Boateng erstaunlich offen. Der Matchwinner stand hinten im Tor, Sven Ulreich konnte nur das 1:1 von RSC-Kapitän Sofiane Hanni nicht verhindern. «Ulle ist für uns ein überragender Rückhalt die ganze Saison schon. Jedes Spiel hält er ein, zwei und heute sogar ein paar mehr Bälle richtig gut und holt uns damit Punkte», rühmte Mats Hummels den Vertreter des eigentlich unersetzbaren Manuel Neuer.
Boateng hieß derweil die weiteren gemeinsamen Tage bis zum Liga-Topspiel am Samstagabend gut. Man werde intern «sehr kritisch mit der Leistung umgehen», versprach der Abwehrhüne: «Gegen Gladbach müssen wir ganz anders auftreten, sonst wird es schwer.»
Mehr noch als der fahrige Auftritt gegen Anderlecht drückten zwei Verletzungen auf die Stimmung. Thiago humpelte an Krücken aus dem Stadion. «Er fällt wahrscheinlich mehrere Monate aus», berichtete Salihamidzic bedrückt. Bei Arjen Robben wurde der Oberschenkelmuskel dagegen wohl nur leicht beschädigt. «Wir haben gerade eine kleine Lücke im Kader durch ein paar Verletzte», bemerkte Nationalspieler Hummels zur misslichen Situation: «Aber wir werden in Gladbach wieder eine schlagkräftige Mannschaft auf dem Platz haben.»
Positiv-Denker Hummels war auch derjenige, der pure Vorfreude auf die Kraftprobe mit Paris St. Germain in zwei Wochen verbreitete. «Es geht darum, Erster zu werden», erklärte der Weltmeister forsch, auch wenn dafür ein Bayern-Sieg mit mindestens vier Toren Differenz gelingen muss. Ein kleines Wunder also. Na und, meinte Hummels: «Wir haben da ein Spiel, in dem wir nichts verlieren können. Das gibt es als Bayern München ganz selten. Das genießen wir auf jeden Fall.»
Mit 7:1 fertigten Neymar, Mbappé, Cavani, Draxler und Co. Celtic Glasgow ab. Und mit 24 Toren überbot das Multi-Millionen-Ensemble schon am fünften Spieltag die Vorrunden-Bestmarke von Borussia Dortmund mit 21 Treffern aus der vergangenen Saison. «Wir werden alles geben, was wir haben», versprach Torjäger Lewandowski dennoch für das Heimspiel am 5. Dezember: «4:0 gewinnen, das wird schwierig!»
Allesgewinner Heynckes winkte mit der Weisheit seiner 72 Jahre schon in Belgien ab. Nach dem 0:3 in Paris – damals noch unter Carlo Ancelotti – und angesichts des Pariser Torverhältnis von 24:1 nannte es Heynckes «vermessen», vom Gruppensieg zu reden: «Das kann nicht primär unser Ziel sein. Wichtig ist, dass wir dieses Spiel auf Augenhöhe bestreiten.» Es geht um den Status des FC Bayern in Europa.
(dpa)