Frankfurt/Main – Nach dem Ende des Burgfriedens zwischen den Fans und den Dachorganisationen des deutschen Fußballs droht eine neue Eskalation in den Stadien.
Mit der einseitigen Aufkündigung des Dialogs mit dem DFB und der DFL sind die Anhänger im Kampf um die Werte des Fußballs erneut auf Konfrontationskurs gegangen. «Ihr werdet auch in dieser Saison von uns hören!», kündigte der Zusammenschluss der Fanszenen in Deutschland am Dienstag in einem Statement an.
In der vergangenen Saison habe sich der Eindruck manifestiert, «dass der Fußballsport noch weiter seiner sozialen und kulturellen Wurzeln beraubt werden soll, um ihn auf dem Altar der Profitgier von den Verbänden auszunehmen», teilte das vor zwölf Monaten entstandene Bündnis der Fankurven mit. «Aus diesem Grund sehen wir keine andere Möglichkeit, als die Gespräche mit sofortiger Wirkung zu beenden und den Protest noch engagierter als zuvor in die Stadien zu tragen.» Der DFB kündigte eine Stellungnahme an.
Für Michael Gabriel, Leiter der Koordinationsstelle Fanprojekte (KOS), kommt diese Entwicklung nicht überraschend. «Vielleicht wurden auf beiden Seiten zu hohe Erwartungen in den Dialog und in schnelle Ergebnisse gesetzt. Die aktuelle Situation hat sich über viele, viele Jahre entwickelt, da wäre es vermessen, zu glauben, man könnte das Rad innerhalb einer Saison zurückdrehen», sagte Gabriel dem Fachmagazin «kicker».
In der 1. Runde des DFB-Pokals hatten die Fans am vergangenen Wochenende in einer bundesweiten Protestaktion ihren aufgestauten Unmut öffentlich gemacht. Nun folgte der Bruch. Dabei hatten sich beide Seiten nach dem unruhigen Saisonauftakt 2017/18 – als Fanaufrufe wie «Krieg dem DFB» für Aufsehen sorgten – in den vergangenen Monaten in zwei Standpunktgesprächen vorsichtig angenähert.
Doch der Schein trog. «Vielmehr verfestigte sich abermals der Eindruck, man wolle diesen Dialog wie in den vergangenen Jahrzehnten nutzen, um mit einem medienwirksamen Gesprächsangebot und netten Worten die Taten um jeden Preis zu vermeiden», kritisierte der Fan-Zusammenschluss nun.
Zu den größten Ärgernissen der Fanszene gehört die Einführung von Montagsspielen in der 3. Liga. Die für die Zuschauer unfreundlichen Anstoßzeiten hatten schon bei der Premiere in der Bundesliga, wo seit der Vorsaison fünfmal montags gespielt wird, für einen Aufschrei und massive Proteste gesorgt.
Aus Sicht der Fans habe sich auch in Sachen Sportgerichtsbarkeit keine Verbesserung eingestellt. Der DFB habe seine bisher «intransparenten Strafen in horrenden Höhen» lediglich in Formen gegossen und sein «willkürliches Ersatzstrafrecht in einem Strafenkatalog» manifestiert.
Ein weiterer Aufreger ist die «vermeintliche Neuregelung der Regionalligen». Diese sei «in einem Hauruckmanöver zu einem Glücksspiel umfunktioniert» worden. Mit der Pilotphase für die einheitliche Behandlung von Fanutensilien wurde zudem «ein Papiertiger geschaffen, der bis heute keine Ergebnisse vorzuweisen hat», kritisieren die Fans.
DFB und DFL werfen sie daher eine mangelnde Wertschätzung der Basis vor. «Wir sind weiterhin bis in die Haarspitzen motiviert, uns für die Grundwerte des Fußballs und gegen eine weitere Entfremdung des Fußballs durch Korruption, Gutsherrenmachenschaften und Kommerzialisierung einzutreten», heißt es in der Mitteilung, «…und wissen Zehntausende Unterstützer in den Kurven des Landes hinter uns.»
(dpa)