Fan-Proteste gegen DFB und DFL – Verständnis und Kritik

Düsseldorf – Mit einer bundesweiten Stadion-Aktion haben Deutschlands Fußball-Fans den Druck auf DFB und die DFL erhöht. In den vier Bundesliga-Arena protestierten zahlreiche Anhänger zum Auftakt des zweigeteilten fünften Spieltags am Dienstag mit einem Stimmungsboykott.

Auch in der 2. und 3. Liga drückten die Fans ihren Unmut gegen die ihrer Meinung nach wachsende Kluft zwischen Anhängern, Vereinen und Verbänden sowie die zunehmende Kommerzialisierung im Fußball aus.

Die Anhänger von Werder Bremen und Hertha BSC schwiegen in den ersten Minuten der Partie im Weserstadion. Die Werder-Fans begannen erst nach 18:30 Minuten mit der Unterstützung ihres Teams, die Hertha-Anhänger kurz darauf. Auch in den Stadien in München, Hannover und Freiburg dauerte das Schweigen jeweils rund 20 Minuten, wobei die Schalker ihr Team beim 0:1 im Breisgau von Beginn an anfeuerten.

Bei Spielern und Trainern riefen die Proteste unterschiedliche Reaktionen hervor. Robin Dutt, Trainer des Zweitligisten VfL Bochum, kritisierte den fehlenden Support seines Teams im Heimspiel gegen Dynamo Dresden. «Ich habe kein Verständnis für den Protest der Fans! Das hat im Stadion nichts zu suchen. Die Dresdner Fans waren natürlich clever, das bei einem Auswärtsspiel mit zu initiieren», schimpfte Dutt nach dem 0:1 des VfL.

Etwas anders sah es Borussia Mönchengladbachs Coach Dieter Hecking bereits vor der Partie gegen Eintracht Frankfurt (Mittwoch): «Ich finde es schade, dass es uns bei einem Heimspiel trifft. Aber die Fans wollen was zum Ausdruck bringen, was ihnen wichtig ist. Und wenn das ganz ohne Randale geht, dann muss man ihre Kritik auch anhören.»

Der 1. FC Köln war ebenfalls auf das Schweigen vorbereitet. «Aber es ist schon überraschend, wie ruhig es in einem Stadion mit 45 000 Zuschauern sein kann», sagte FC-Torhüter Timo Horn nach dem 2:1 im Zweitliga-Duell mit dem FC Ingolstadt. «Aber wir wissen ja, warum die Fans das machen, deshalb haben wir Verständnis. Danach war es umso lauter.»

Die Fan-Proteste richten sich vor allem gegen die Anstoßzeiten, die Zerstückelung der Spieltage (Montagsspiele) und die Übertragung der Spiele im Pay-TV. Von der Zersplitterung der Spieltage erhoffen sich die TV-Sender deutlich höhere Vermarktungschancen.

«Stell dir vor es ist Fußball und keiner kann hin», «Spieltagszerstückelung stoppen» oder «Football is for you and me – Not for fucking Pay-TV», war auf Plakaten in Bremen zu lesen. Auch in München herrschte anfangs gespenstische Stille, die Fans stellten auf großen Bannern dem DFB ein schlechtes Zwischenzeugnis aus: «Versetzung gefährdet», hieß es unter anderem. Die DFL wollte die Proteste am Mittwoch nicht kommentieren.

Kurz vor der EM-Vergabe an diesem Donnerstag durch das Exekutivkomitee der UEFA kommt die Aktion für den DFB zur Unzeit. Deutschland konkurriert mit der Türkei um die Ausrichtung der Endrunde 2024. Negative Schlagzeilen sind da kontraproduktiv, auch wenn die Proteste sich nicht gegen die deutsche EM-Bewerbung richten.

«Was bleibt uns denn anderes übrig?», sagte der Sprecher der Interessenvertretung Pro Fans, Sig Zelt. «Wir haben in einem Jahr Dialog gesehen, dass nicht viel dabei herauskommt.» Der Zusammenschluss der Fanszenen hatte im August die Gespräche mit dem DFB und der DFL aufgekündigt.

Dabei seien im Dialog bereits Maßnahmen auf den Weg gebracht worden, meinte ein DFL-Sprecher vor der Aktion. «Diese Ergebnisse sind der beste Grund, den Austausch zwischen Fan-Organisationen und Verbänden fortzusetzen.» Bei den Gesprächen ging es um eine einheitliche Regelung von Fan-Utensilien in den Stadien, die Abkehr von Kollektivstrafen bei Fan-Verstößen, mehr Transparenz in der Sportgerichtsbarkeit bei Vergehen von Anhängern und um die Beibehaltung von Stehplätzen.


(dpa)

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