Östersund – Nach ihrem fulminanten Sturmlauf in die Biathlon-Geschichtsbücher konnte Denise Herrmann nicht mehr aufhören zu grinsen.
Nur 19 Monate nach ihrem Wechsel vom Langlauf zu den Skijägern feierte die 28-Jährige ihren ersten Weltcup-Sieg – und das in ihrem gerade erst zwölften Weltcuprennen. Herrmann ließ im Sprint von Östersund trotz einer Strafrunde der Konkurrenz keine Chance und knackte damit gleich im zweiten Einzelrennen der neuen Saison die Olympia-Norm.
«Es beginnt ja alles mit dem Träumen», sagte Herrmann, die bisher insgesamt erst 25 internationale Biathlon-Rennen absolviert hat und sogar das Fehlen von Gesamtweltcupsiegerin Laura Dahlmeier vergessen machte. «Es fühlt sich perfekt an, ich bin sehr glücklich. Ich habe vom Sieg geträumt, aber dass es passiert hätte ich nicht geglaubt. Das ist wirklich unglaublich.» Zweite wurde die Französin Justine Braisaz, die wie die drittplatzierte Ukrainerin Julia Dzyhma fehlerfrei geblieben war.
Schon nach Rang 23 im Einzel hatte Herrmann gesagt: «Ich bin gut in Schuss.» Die Umsteigerin zeigte, dass sie in der letzten Zeit viel dazu gelernt hat. Bedacht und konzentriert setzte sie ihre Schüsse, nur der vorletzte der zehn ging daneben. «Man will ja keine Scheibe stehen lassen, aber das kann man noch verbessern», sagte Herrmann und resümierte trotzdem überglücklich: «Für mich war das heute ein wirklich großer Schritt.»
Eine Strafrunde kann sie auf der kürzesten Biathlon-Distanz über 7,5 Kilometer kompensieren wie einst Rekord-Weltmeisterin Magdalena Neuner. Denn ihre Laufstärke ist ihre schärfste Waffe. Mit einer überragenden Schlussrunde nahm Herrmann mit der besten Laufzeit aller 103 Starterinnen sogar der finnischen Spitzenläuferin Kaisa Mäkäräinen ganze 15,1 Sekunden ab. «Ich habe versucht, mein Rennen zu finden, um in der letzten Runde Gas geben zu können. Das ist mir gut gelungen, die Renn-Einteilung war letztes Jahr ja noch mein großes Manko», sagte Herrmann, die erstmals in ihrer Karriere als die Gejagte am Samstag in die Verfolgung geht.
Bei den Schießzeiten kann Herrmann im Vergleich zur Weltspitze noch nicht mithalten. Das ist angesichts ihrer noch jungen neuen Karriere aber normal – es ist erst ihr zweiter Winter im Biathlon. Den Platz im sechsköpfigen deutschen Weltcupteam hatte sie sich durch starke Resultate in den vergangenen Monaten verdient. Unter anderem gewann sie im September alle drei Einzeltitel bei den deutschen Meisterschaften auf Skirollern und siegte zuletzt auch beim zweitklassigen IBU-Cup im norwegischen Sjusjoen im Sprint.
2014 hatte Herrmann bei den Olympischen Winterspielen in Sotschi mit der Langlauf-Staffel noch Bronze gewonnen. In Pyoengchang will sie im Februar erneut dabei sein – als Skijägerin. «Für mich ist das ein realistisches Ziel, sonst hätte ich den Schritt nicht gewagt», sagte Herrmann. Mit akribischer Arbeit, vor allem am Schießstand, hat sie sich verbessert und dabei ihre enorme Stärke in der Loipe nicht verloren. «Sie kann eine echte Leistungsträgerin werden, wenn alles so aufgeht, wie sie es im Training gezeigt hat», sagte Bundestrainer Gerald Hönig.
Franziska Hildebrand wurde fehlerfrei Zehnte und erfüllte damit ebenfalls die Olympia-Norm. Maren Hammerschmidt (2 Fehler) wurde 14., Vanessa Hinz (1 Fehler) 16., Franziska Preuß (2) 41., Karolin Horchler (2) verpasste als 61. die Qualifikation für den Verfolger.
(dpa)