Gais/Italien – Die prägenden Gesichter aus der historischen Mai-Nacht haben Frankfurt längst verlassen. Trainer Niko Kovac ging als strahlender Pokalsieger zum FC Bayern, Kevin-Prince Boateng schwenkt inzwischen den Schal von Sassuolo Calcio – und WM-Held Ante Rebic weilt noch immer im Urlaub.
Dass der Kroate als Stammspieler des Vize-Weltmeisters überhaupt noch einmal zur Eintracht nach Frankfurt zurückkehren wird, ist unwahrscheinlich. Manchester United und der FC Arsenal sind interessiert, Frankfurt winkt eine riesige Ablöse. Die kann der DFB-Pokalsieger aber auch gut gebrauchen, um seinen geschwächten Kader für das Abenteuer Dreifachbelastung zu rüsten.
Gesucht werden eine neue Identität und neue Gesichter. Eines davon wird gewiss das von Trainer Adi Hütter sein, der als Kovac-Nachfolger ein schweres Erbe antritt. Nach den euphorischen Monaten mahnt der Österreicher zur Ruhe. «Manchmal gehört auch das Scheitern im Leben dazu. Wenn Euphorie da ist, ist das super. Aber gerade deswegen muss man kühlen Kopf bewahren», sagte Hütter im Interview der «Frankfurter Rundschau».
Nach den Abgängen von Boateng, Marius Wolf (Borussia Dortmund) und Omar Mascarell (FC Schalke 04) will der 48-Jährige nicht nur mit neuen Spielern zum Erfolg, sondern auch mit einer neuen Idee. «Wir haben jetzt mit unserem neuen Trainer eine andere Spielphilosophie, und die müssen wir verinnerlichen», kündigte der neue Kapitän David Abraham an. Hütter schätzt Ballbesitz und will mit hohem Pressing für frühe Ballgewinne sorgen. «Sowohl mit als auch gegen den Ball haben wir noch Luft nach oben», merkte Hütter an.
Die Zeit ist knapp, schon am 12. August (20.30 Uhr) wartet für die Eintracht im Supercup ausgerechnet gegen den FC Bayern mit Kovac die erste große Aufgabe. «Es geht um einen Titel, also möchte man auch gewinnen», sagte Hütter. Der Coach setzt dafür auf eine lange Vorbereitungszeit in der Ferne und viele Teambuilding-Maßnahmen.
Im Trainingslager in Gais in Südtirol gibt es einen geselligen Grillabend mit dem Team, Spielführer Abraham freut sich schon «auf Schnitzel und Pommes». Gleich zum Start im sonnendurchfluteten Camp nahmen die Eintracht-Profis ein Bad im örtlichen See und posierten für ein Foto «aus der Eistonne».
Im Juli hatten Hütter und seine Schützlinge bereits neun Tage in den USA verbracht. «Eintracht Frankfurt international», das ist inzwischen mehr als ein Fangesang. Der Verein erschließt neue Märkte und beschäftigt in seinem Profikader inzwischen Spieler aus 17 verschiedenen Nationen – so viele, dass vor dem Saisonauftakt noch Deutsche gesucht werden, um die von der Deutschen Fußball Liga (DFL) vorgeschriebene Mindestanzahl von zwölf Profis zu erfüllen.
Die neue Spielzeit wird für die Hessen gleich aus mehreren Gründen eine große Herausforderung. Gestiegene Erwartungen nach zwei starken Kovac-Jahren, die neue Dreifachbelastung mit Liga, Pokal und Europa League sowie schwerwiegende Abgänge erhöhen den Druck für Hütter, der bei seinen Stationen bei RB Salzburg und den Young Boys Bern stets auf seinen ersten Job in der Bundesliga hingearbeitet hatte. «Die Fußstapfen hier in Frankfurt sind groß», sagte Torwart Frederik Rönnow. Der 26-Jährige folgt auf den nach Leverkusen gewechselten Lukas Hradecky, ist derzeit aber noch angeschlagen.
(dpa)