Ein Leben für den Fußball: Huub Stevens wird 65

Gelsenkirchen – Auf Schalke genießt Huub Stevens Kultstatus. Sein Name ist für immer verbunden mit dem größten Erfolg der Vereinsgeschichte, dem UEFA-Pokal-Triumph 1997, sowie den beiden DFB-Pokal-Siegen 2001 und 2002.

«Das ist doch klar. Es ist der Verein, für den ich am längsten gearbeitet habe und mit dem ich den meisten Erfolg hatte. Natürlich denken alle sofort an den UEFA-Cup-Sieg und die Eurofighter. Aber ich habe auch viele andere Vereine trainiert und denke auch gerne an diese Zeiten zurück», sagt Huub Stevens der Deutschen Presse-Agentur.

Seinen 65. Geburtstag am 29. November will Schalkes Jahrhunderttrainer «ganz ruhig» verbringen, mit der Familie und Freunden daheim in seinem Haus in Eindhoven zusammensitzen. Seinem «Herzensclub» ist er noch immer eng verbunden. Erst Anfang Juni wählten ihn die Mitglieder des Fußball-Bundesligisten in den Aufsichtsrat. Dort steht er dem Club mit seiner großen Erfahrung und seiner Fußball-Kompetenz zur Seite. «Das macht auch viel Spaß», sagt der Niederländer, gibt aber auch zu: «Mit dem operativen Geschäft hast du doch nichts mehr zu tun. Das ist schon was anderes. Gleichzeitig ist es mir wichtig, Schalke etwas zurückzugeben.»

Zuweilen tauscht Stevens sich auch mit Trainer Domenico Tedesco aus. Zur aktuellen Situation darf er als Aufsichtsrat nichts sagen, nur so viel: «Man muss Geduld haben. Geduld ist ein guter Ratgeber.»

Der Eintritt ins Rentenalter bereitet dem im niederländischen Sittard geborenen Stevens keine Probleme. «Nein, mir geht es doch gut und ich habe jetzt viel mehr Zeit. Ich genieße das.» Häufig fährt er mit seiner Frau Toos nach Berlin, wo sein Sohn Maikel mit der Familie und den beiden Enkelkindern lebt. Die zehn und sieben Jahre alten Mädchen spielen keinen Fußball. «Aber sie sind sehr sportlich, machen Hockey und Boxen», sagt Stevens. Seine Tochter Laura wohnt ganz in der Nähe und betreibt eine private Kindertagesstätte.

Erst vor drei Wochen musste sich Stevens einer Herz-Operation unterziehen. Danach setzte ihn ein Infekt einige Tage außer Gefecht. «Jetzt geht es wieder», erzählt er, wirkt dabei locker und zufrieden. Seit einigen Jahren leidet er an Herz-Rhythmus-Störungen, die ihm immer mal wieder zu schaffen machen. Deswegen gab er im Februar 2016 seinen Job bei 1899 Hoffenheim auf, seiner letzten Station als Trainer.

Noch einmal auf die Bank zurückzukehren, kann er sich nicht vorstellen. «Man soll ja nie nie sagen», meint er schmunzelnd. Ernst gemeint ist das wohl nicht. Der jungen Trainer-Generation um Tedesco, Julian Nagelsmann oder Hannes Wolf rät er, ihren eigenen Weg zu gehen, sich nicht verbiegen zu lassen. «Jeder muss bei sich bleiben, auch wenn es mal nicht so läuft. Aus Fehlern lernt man am meisten.»

Wegen seiner zuweilen ruppigen und knorrigen Art bekam Stevens, der so herzhaft lachen kann, einst vom Boulevard den Spitznamen «Knurrer aus Kerkrade» verpasst. Doch wer ihn näher kennt, weiß, dass in der harten Schale ein weicher Kern steckt. Gleichwohl pflegte der ehemalige Verteidiger und Nationalspieler dieses Image auch, um in dem zuweilen unbarmherzigen Fußball-Geschäft manche Menschen nicht zu nahe an sich heranzulassen.

Dabei war ihm die eigene Familie immer heilig. Als es seiner an Morbus Crohn (Chronische Magen-Darm-Entzündung) leidenden Ehefrau Toos besonders schlecht ging, verlängerte er einst seinen beim Hamburger SV auslaufenden Vertrag nicht, um sich besser um sie kümmern zu können. Stevens setzte Prioritäten: «Ihr Gesundheitszustand war bedenklich. Ich musste mit meinen Kindern um Toos’ Leben kämpfen und versuchen, den HSV vor dem Untergang zu retten.»

Ob bei Roda Kerkrade, wo der damalige Schalke-Manager und spätere Freund Rudi Assauer den noch unbekannten Coach im Oktober 1996 losgeeist und eine erfolgreiche Ära eingeläutet hatte, oder in Berlin, Köln, Hamburg, Eindhoven, Salzburg, Saloniki, Stuttgart oder Hoffenheim – keine dieser Stationen möchte Stevens missen. Doch das ist Vergangenheit. «Ich genieße lieber das Hier und Heute und schaue in die Zukunft. Ich bin jetzt viel gelassener und kann Fußball mit mehr Spaß schauen. Früher warst du immer im Tunnel, weil du immer gewinnen musstest.»

«Einmal Schalke, immer Schalke», sagt Stevens, dessen einstige Fußball-Philosophie «Die Null muss stehen» zum geflügelten Wort wurde. Besonders am Herzen liegen ihm die Fans, die ihn noch heute verehren und ihm auf die Schulter klopfen, wenn er in die Arena kommt. Und so hat Stevens noch einen großen Wunsch. «Ich hoffe, dass sie es noch erleben, dass Schalke mal Meister wird. Aber das wird nicht einfach.»


(dpa)

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