Kassel – Mit Trainer Thomas Tuchel hat Sara Däbritz noch nicht sprechen können bei ihrem neuen Club, Superstar Neymar ist ohnehin seit Wochen mit seinem angestrebten Wechsel nach Spanien beschäftigt.
Leonie Maier bekam Mesut Özil noch nicht zu Gesicht, «aber Pierre-Emerick Aubameyang habe ich mal im Auto vorbeifahren sehen». Die beiden deutschen Fußball-Nationalspielerinnen stehen seit dieser Saison bei Paris Saint-Germain und beim Arsenal Woman FC unter Vertrag. Ebenso wie Torhüterin Lisa Schmitz (HSC Montpellier) haben sie den Sprung ins Ausland gewagt – und alle drei sind begeistert.
«Von den Bedingungen her ist es ähnlich wie beim FC Bayern. Der einzige Unterschied ist, dass wir mit den Männern auf einem Gelände sind», sagte die 26 Jahre alte Olympiasiegerin Leonie Maier vor dem EM-Qualifikationsspiel der DFB-Auswahl gegen Montenegro am Samstag in Kassel. In London fängt die Saison für sie erst am 8. September gegen West Ham in der FA Women’s Super League an. «Im Training wird sehr viel Wert auf Athletik gelegt, mit vielen Highspeed-Läufen. Es ist schon knackiger als in Deutschland.»
Ihre ehemalige Münchner Kollegin Sara Däbritz hat mit Paris das erste Spiel gegen ASJ Soyaux mit 7:0 gewonnen und ein Tor geschossen. «Wir machen schon Taktiktraining, aber insgesamt ist man sehr frei in seinem Spiel, das kommt mir auch entgegen», erzählte die 24 Jahre alte Mittelfeldspielerin der Deutschen Presse-Agentur. «Die Atmosphäre bei Spielen ist überragend, weil zu unseren Spielen auch die Ultras der Männer kommen, so 200 meist.» Lisa Schmitz, die frühere Keeperin von Turbine Potsdam, freut sich in Montpellier darüber, dass sie jetzt jeden Tag Torwarttraining hat. Nicht ohne Stolz sagt sie: «Ja, ich bin gerade Vollprofi.»
Dzsenifer Marozsán, Deutschlands «Fußballerin des Jahres», so etwas wie die Vorreiterin in Sachen Auslandsengagement, fühlt sich bei Olympique Lyon «sehr wohl und zu Hause» und hat mit den Französinnen in den vergangenen drei Jahren die Champions League gewonnen. Dass so manche Männerclubs in Europa bei den Frauenteams groß aufrüsten und die anderen Länder sportlich längst aufgeholt haben, wurde zuletzt auch bei der WM in Frankreich deutlich, als das Team von Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg im Viertelfinale scheiterte.
Auch Alexandra Popp, die vor ihrem 100. Länderspiel steht, gilt als international begehrte Stürmerin. Es zieht sie aber nicht weg vom VfL Wolfsburg. «Klar ist es schön, Geld zu haben, aber für mich ist es wichtiger, dass ich mich wohl fühle und meine Familie nicht so weit entfernt wohnt», sagte sie im «Kicker»-Interview.
«Das Finanzielle war jetzt für mich kein Anreiz, aber natürlich gibt es Vereine, wo man mehr verdient als in der Bundesliga», betonte Lisa Schmitz. «Für mich ist es wichtig, mal eine andere Kultur und neue Freunde kennenzulernen. Ich habe mein Studium beendet und bin jetzt in der Findungsphase, will die Sprache lernen, vielleicht mal was Praktisches im Verein arbeiten.»
Eifrig lernen Lisa Schmitz, Sara Däbritz und Leonie Maier Französisch beziehungsweise Englisch und bekommen auch Unterricht. «Viele große Vereine in Europa investieren gerade in den Frauenfußball, das hat auch etwas mit Wertschätzung zu tun und ist mir wichtig», sagte Sara Däbritz. «Für mich war es immer ein Traum, im Ausland zu spielen.»
Sie wohnt wie die meisten anderen Spielerinnen etwas außerhalb von Paris in Saint-Germain-en-Laye: «Da herrscht ein total toller Lifestyle. Es gibt zum Beispiel einen Schlossgarten mit Aussicht auf Paris.» Leonie Maier lebt in Saint Albans und freut sich «riesig darauf, London zu entdecken». Lisa Schmitz schwärmt von Montpellier. «Ich habe es fünf Minuten zur Innenstadt, sieben Minuten zum Trainingsgelände, zehn Minuten zum Strand», sagte die 27-Jährige.
Pauline Bremer, die jetzt wieder im DFB-Kader steht, hat mit ihren 23 Jahren schon jeweils zwei Jahre bei Olympique Lyon und bei Manchester City hinter sich. Dort musste die Offensivspielerin wegen eines mehrfachen Schien- und Wadenbeinbruchs allerdings mehr als ein Jahr aussetzen. «Die Männer sind schon sehr abgeschirmt und machen ihr eigenes Ding», sagte Bremer einmal der «Welt». Mit Ilkay Gündogan und Leroy Sané sei sie in Manchester noch nicht ins Gespräch gekommen.
(dpa)