Baku – Nach dem EM-Aus der in allen Belangen unterlegenen deutschen Volleyballerinnen hielt sich Bundestrainer Felix Koslowski nicht lange mit einer Analyse auf.
«Aserbaidschan spielt auf einer anderen Etage. Punkt», konstatierte der 33-Jährige nach der Abfuhr im Viertelfinale gegen den Gastgeber, der im eigenen Land unbedingt seine erste EM-Medaille gewinnen will.
Koslowski richtete seinen Blick lieber gleich nach vorn, denn er fühlte sich erinnert an die Entwicklung einer Vorgänger-Generation des deutschen Teams: «2007 waren wir da, wo Aserbaidschan heute steht. Vor zehn Jahren kamen wir mit einer jungen Mannschaft ins Viertelfinale, 2009 wurden wir Vierter und 2011 und 2013 haben wir zwei Mal EM-Silber gewonnen.»
Damals standen noch Weltklassekräfte wie Angreiferin Margareta Kozuch und Mittelblockerin Christiane Fürst im deutschen Kader. Seit deren Rücktritt aus der Nationalmannschaft Anfang 2016 treibt Koslowski einen Neuaufbau voran. Die ersten Früchte seiner Arbeit nun mit Erreichen der Minimalziele Platz fünf und der direkten Qualifikation für die WM 2018 und die EM 2019 stimmen ihn zuversichtlich: «Diese neue Mannschaft wird uns noch viele Jahre Freude bereiten.» Vielleicht sogar bis zu den Olympischen Spielen 2024, glaubt er, weil 80 Prozent des Kaders ihm bis dahin zur Verfügung stehen sollen.
In Baku war er mit sieben Debütantinnen auf dem europäischen Parkett angetreten. Aus dieser jungen Mannschaft entwickelte sich während der fünf Spiele mit drei Niederlagen und zwei Siegen in der National Gymnastics Arena vor allem Diagonalangreiferin Louisa Lippmann zur Leistungsträgerin, die als Kozuch-Nachfolgerin überzeugte. Aber auch Frischlinge wie die Mittelblockerinnen Marie Schölzel aus Schwerin – mit 20 die Jüngste im deutschen Kader – und Lisa Gründing aus Potsdam standen am Ende in der ersten Sechs gegen Aserbaidschan.
Die 25-jährige Gründing war an allen Ausbildungssystemen des Deutschen Volleyball-Verbandes (DVV) vorbeigerutscht, spielt aber schon seit 2011 in der Bundesliga und wurde von Koslowski erst im August in den EM-Kader berufen.
Was der Bundestrainer künftig braucht, sind noch größere Angreiferinnen. «Fast alle Top-Nationen haben auf Außen eine, die größer als 1,90 Meter ist.» Koslowski wird als Trainer des Deutschen Meisters Schwerin in der Bundesliga weiter die Augen aufhalten, um im nächsten Sommer weitere neue Kräfte einzuladen.
Die Perspektiven sind bestens: Der Weltverband (FIVB) plant eine weltweit stattfindende «Volleyball League», die den bisherigen Grand Prix ablösen soll. Zwölf Top-Nationalteams, darunter die deutsche Auswahl, sind gesetzt für die nächsten sechs Jahre und können nicht absteigen. Dazu kommen vier weitere Mannschaften.
Wenn das Modell amtlich ist, kann Koslowski seine Crew permanent auf höchstem Niveau fordern lassen, zudem nimmt das Team an der WM in Japan teil. Beste Voraussetzungen für die weitere Entwicklung, sagte er, «und wenn wir auf diesem Weg bleiben, können wir auch mal wieder von einer EM-Medaille sprechen.»
(dpa)