Edmonton – Nochmals die magische 50-Tore-Marke oder Playoffs mit den Edmonton Oilers? Für Leon Draisaitl ist die Frage nach dem persönlichen Ziel klar. «Playoffs», lautet die Ansage des deutschen Ausnahmespielers vor dem Saisonstart der NHL.
Der Eishockey-Nationalstürmer hat sich mit seiner persönlich überragenden Saison im Vorjahr endgültig in die Weltklasse geschossen. Mit seinem Team verpasste er aber die K.o.-Runde deutlich. In der ab Mittwoch mit dem Spiel gegen die Vancouver Canucks beginnenden neuen Saison wäre der 23-Jährige auch mit «20 Toren weniger glücklich», wenn am Ende der Sprung in die Playoffs stünde.
Die Hoffnungen ruhen beim fünfmaligen Stanley-Cup-Champion mehr denn je auch auf den Schultern des ehrgeizigen Kölners. Als zweitbester NHL-Torjäger legte er in der Vorsaison zudem 55 Tore auf und durchbrach die 100-Punkte-Marke. «Ich bin sehr stolz darauf, was ich geschafft habe. Ich weiß, wie hart es ist. Ich würde mich auch freuen, nochmals 50 Tore zu erzielen, aber mir sind die Playoffs nun mal wichtiger», erklärte Draisaitl, der gemeinsam mit Oilers-Kapitän Connor McDavid zum besten Sturm-Duo der weltbesten Liga zählt.
Doch damit beginnt auch das Problem in Edmonton. Die beiden Top-Spieler besitzen dementsprechend auch gute, langfristige Verträge. Aufgrund der Gehaltsobergrenze (81,5 Millionen Dollar) konnte die neue Führung um Generalmanager Ken Holland und Trainer Dave Tippett im Sommer die dringend benötigten Verstärkungen in der Defensive nicht verpflichten. Als bekanntester Neuzugang kam Stürmer James Neal (Calgary Flames) im Tausch gegen Milan Lucic. «Wir müssen unser Abwehrverhalten unbedingt verbessern», forderte Draisaitl. «Sonst haben wir keine Playoff-Chance.»
Vor allem, weil die Liga so ausgeglichen besetzt ist wie selten zuvor. Einen Top-Favoriten auf den Stanley Cup gibt es nicht. Zwar werden die Tampa Bay Lightning erneut als bestes Team gehandelt, doch die Erfahrung der vergangenen Saison hat nicht nur die Experten vorsichtig gemacht. Schied Tampa als klarer Vorrunden-Bester in der ersten Playoff-Runde sang- und klanglos mit 0:4 gegen die Columbus Blue Jackets aus, war der spätere Titelträger St. Louis Blues im Januar noch das schlechteste NHL-Team. Ein paar kleine Änderungen sorgten für einen der überraschendsten Champions der NHL-Historie.
Die New York Islanders mit Torhüter Thomas Greiss und Tom Kühnhackl und die Pittsburgh Penguins mit dem aus Chicago gewechselten Dominik Kahun und Superstar Sidney Crosby gelten wieder als Kandidaten für die Playoffs. Den Colorado Avalanche mit Torhüter Philipp Grubauer, den San Jose Sharks mit Rookie Lean Bergmann und Manuel Wiederer sowie den Calgary Flames mit Tobias Rieder wird gar der Stanley Cup zugetraut. Auch New Jersey sorgte mit dem Nummer-Eins-Draft Jack Hughes und dem Lindsey-Vonn-Verlobten PK Subban als Top-Zugang im Sommer für Aufsehen und gelten als Geheimfavorit.
Der frühere Bundestrainer Marco Sturm dürfte als Assistent mit den Los Angeles Kings ähnlich wie Nationalverteidiger Korbinian Holzer mit den Anaheim Ducks nur Außenseiterchancen auf die begehrten Ränge besitzen. Gleiches gilt für die Detroit Red Wings mit Top-Talent Moritz Seider (18). Die Nummer sechs der NHL-Talenteziehung wird allerdings erstmal im Farmteam Grand Rapids Griffins auflaufen.
Zurück auf der großen Bühne ist Ralph Krueger. Der Deutsch-Kanadier war zuletzt knapp fünf Jahre Boss des englischen Fußball-Clubs FC Southampton und führte 2016 Team Europa beim World Cup of Hockey zwischendurch zum überraschenden zweiten Platz. Im Sommer übernahm der 60-Jährige, der auch einige Male Trainer-Kandidat des deutschen Nationalteams war, die Buffalo Sabres. «Ich habe keine Angst», sagte Krueger. «Ich fühle mich jetzt wieder so, als wäre ich zu Hause.»
(dpa)