Double für Guardiola zum Abschied – im Elfmeterschießen

Berlin (dpa) – Nach dem Happy End im Elfmeter-Krimi bedankte sich Pep Guardiola bei jedem seiner Spieler, dann kullerten bei dem Spanier die Tränen. Der ganze Druck, die ganze Last fiel von Guardiola ab, so emotional hatte Fußball-Deutschland den Spanier in drei Jahren nicht erlebt.

Anschließend wurde Guardiola von seinen Spielern vor der Fankurve des FC Bayern München in die Luft katapultiert, ehe er um 23.11 Uhr zusammen mit Kapitän Philipp Lahm den Pokal in die Luft stemmte. Der Starcoach verabschiedete sich mit dem begehrten Double in Richtung England. Die Münchner feierten in einem packenden DFB-Pokalfinale einen 4:3-Sieg im Elfmeterschießen gegen den großen Rivalen Borussia Dortmund, nachdem es nach 120 Minuten und einem großen Abnutzungskampf 0:0 gestanden hatte.

«Drei Jahre mit den Spielern und dem Verein waren überragend. Ich bin sehr zufrieden mit diesem Finale. Ich werde meine Spieler vermissen. Es war eine große Erfahrung. Es hat sehr viel Spaß gemacht», sagte Guardiola nach seinem letzten Spiel und Thomas Müller konnte die Emotionen seines Noch-Chefs gut verstehen: «Vorher musste er seinen Beruf machen, jetzt kann er Mensch sein.»

74 322 Zuschauer sahen am Samstagabend im Berliner Olympiastadion ein nach der Pause dramatisches Fußballspiel, das für den BVB mit dem dritten verlorenen Pokalfinale nacheinander enttäuschend endete. Kapitän Mats Hummels blieb das ersehnte Happy End mit einem Titelgewinn vor seinem Millionen-Wechsel zum FC Bayern verwehrt. «Ein Scheiß-Ende», meinte Hummels.

Im Elfmeterschießen versagten Sven Bender und Sokratis die Nerven, bei den Bayern hatte lediglich Joshua Kimmich verschossen. Den entscheidenden Elfmeter verwandelte Douglas Costa. «Es gibt viel zu lernen. So ein Finale ist sehr aufschlussreich. Wir brauchen mehr Sicherheit, mehr Überzeugung, mehr Vertrauen. Es gibt noch viel Luft nach oben. Nach der Niederlage in Liverpool ist es eine weitere Enttäuschung, daraus müssen wir unsere Schlüsse ziehen», sagte BVB-Coach Thomas Tuchel.

So konnte Tuchel als Nachfolger von Jürgen Klopp ein starkes erstes Jahr in Dortmund im letzten Saisonspiel nicht krönen. Dafür jubelte Guardiola, der in drei Jahren sieben Titel mit dem FC Bayern holte, aber die Sehnsucht des deutschen Rekordchampions nach dem Champions-League-Gewinn nicht stillen konnte. Immerhin gelang den Münchnern nach der 26. deutschen Meisterschaft auch der 18. Cupsieg.

Intensiv, aber auch mit einer ungewöhnlich hohen Fehlerquote, ging es im Berliner Olympiastadion zur Sache. Das dürfte dem Perfektionisten Guardiola, der im Gegensatz zu seinem Gegenüber Thomas Tuchel im feinen Anzug erschienen war, in seinem 161. und letzten Pflichtspiel nicht gefallen haben.

Die Bayern waren um die Spielkontrolle bemüht, der BVB agierte indes etwas defensiver. Bei den Münchnern fehlte neben WM-Held Mario Götze (Rippenbruch) auch der Spanier Javi Martínez(Sprungelenkblessur). Dessen angeschlagener Landsmann Xabi Alonso saß auf der Bank. Dafür rückte Youngster Kimmich in die Abwehrreihe. Der 21-Jährige hatte aber vor den Augen von Bundestrainer Joachim Löw, der ihn unter der Woche wie auch Julian Weigl auf der Gegenseite ins erweiterte EM-Aufgebot berufen hatte, einige Wackler im Spiel und kassierte schon im ersten Durchgang die Gelbe Karte.

Auf große Chancen warteten die Zuschauer zunächst vergeblich. Ein Distanzschuss und ein Kopfball von Thomas Müller (4. und 22. Minute) – mehr ließ der BVB in der ersten halben Stunde nicht zu. Auch, weil Mats Hummels in der Innenverteidigung abgeklärt und ohne Nervenflattern agierte. Der Dortmunder Kapitän, der im Sommer die Seiten wechselt, stand entsprechend unter besonderer Beobachtung. Fehler suchten die Kritiker beim Weltmeister vergeblich. Hummels kämpfte aufopferungsvoll, bis er nach 78 Minuten mit Krämpfen vom Platz musste.

Aufregung kam im «deutschen Clasico» (Manuel Neuer) erst nach gut einer halben Stunde auf, als Franck Ribéry und Gonzalo Castro bei einer Rangelei aneinandergerieten. Dabei war der Franzose mit der Gelben Karte noch gut bedient, nachdem er mit dem Finger in Castros Auge gefasst hatte (31.).

Es war fast schon die unterhaltsamste Szene des ersten Durchgangs. Das sollte sich in der zweiten Hälfte, die nach einer Rauchbombe aus dem BVB-Fanblock etwas verspätet begann, endlich ändern. Bei beiden Mannschaften lösten sich nun die taktischen Fesseln. Insbesondere die Münchner erhöhten den Druck, plötzlich wackelte der BVB in der Defensive. So kam Ribéry in der 52. Minute frei zum Schuss, den Hummels aber gerade noch vor Robert Lewandowski ins Tor-Aus abfälschte. Danach war es Costa, der mit einer Hereingabe für Gefahr sorgte, aber Müller wurde gerade noch am Torschuss gehindert (56.).

Auch den Dortmundern boten sich nun mehr Räume. Nach einem starken Solo von Marco Reus setzte der Nationalspieler Aubameyang in Szene, der den Ball aus spitzem Winkel aber über das Tor jagte (58.). Ebenso vergab Lewandowski auf der Gegenseite nach Zuspiel von Müller (64.). Die Dortmunder hielten mit großem Kampf dagegen und mussten neben der Hummels-Auswechslung auch die Verletzung von Marcel Schmelzer verkraften. Trotzdem wäre dem BVB beinahe kurz vor Ende der regulären Spielzeit der Lucky Punch geglückt, als Aubameyang nach Flanke von Lukasz Piszczek die größte Chance vergab (85.).

So ging zum dritten Mal in Serie ein Pokal-Duell zwischen Bayern und Dortmund in die Verlängerung. Und auch dort waren zunächst die Bayern am Drücker, nur durch eine starke Rettungstat verhinderte Erik Durm einen Torschuss von Lewandowski (94.). Dortmund lauerte nur noch auf Konter und hatte seine Chance durch Henrich Mchitarjan (113.). Doch in der Schlussphase wurde immer weniger Fußball gespielt, immer wieder lagen die Spieler wie Ribéry oder Aubameyang mit Krämpfen am Boden. Das Elfmeterschießen musste entscheiden.

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(dpa)