Neapel – Das italienische Sportblatt «Gazzetta dello Sport» brachte es mit einem Wortspiel auf den Punkt. «DispeRamos» – zu deutsch: «Wir verzweifeln», war nach dem Champions-League-K.o. des SSC Neapel gegen Titelverteidiger Real Madrid zu lesen.
Beim 1:3 (1:0) waren die Süditaliener tatsächlich an Reals Abwehrchef Sergio Ramos verzweifelt, der mit zwei Kopfballtoren mal wieder der Mann für die entscheidenden Treffer war und sich immer mehr zur Club-Legende entwickelt.
Ramos selbst gab sich nach dem siebten Viertelfinal-Einzug der Königlichen in Serie bescheiden. «Letzte Woche haben sie mich zerrissen, vor einem Monat war ich fantastisch, und nur weil ich jetzt zwei Tore gemacht habe, bin ich nicht gleich wieder der Held», sagte der 30 Jahre alte Kapitän. Das sahen die euphorischen Sportzeitungen in Spanien indes anders. «Mit Sergio bis ans Ende der Welt», schwärmte die Sportzeitung «Marca».
Es war nicht das erste Mal, dass der Spanier einen hoffnungsfrohen Gegner in die Verzweiflung getrieben hat. Die spanische Zeitung «El País» listete derweil alle Spiele auf, in denen Ramos – der seit 2005 für die Königlichen spielt – dem Team bereits die Haut gerettet hat. Vor allem in München erinnert man sich noch gut an die 0:4-Schmach im Champions-League-Halbinale 2014. Damals traf Ramos innerhalb der ersten 20 Minuten gleich zwei Mal und ließ die Bayern im heimischen Stadion ebenso verdutzt wie kraftlos zurück.
Und auch die zwei Champions-League-Triumphe jeweils im Finale gegen den Stadtrivalen Atlético waren eng mit seinem Namen verknüpft. 2014 rettete Ramos in der Nachspielzeit Real in die Verlängerung und machte den 4:1-Sieg erst möglich. Und im vergangenen Jahr traf Ramos sowohl in der regulären Spielzeit als auch im Elfmeterschießen.
Gegen Neapel war der Ramos-Doppelschlag (52. und 57.) jeweils nach Eckball von Weltmeister Toni Kroos dringend nötig, denn nach dem 3:1-Erfolg geriet Real im Stadio San Paolo gegen ein starkes Neapel in der ersten Halbzeit durch ein Tor Dries Mertens (24.) ins Hintertreffen. «Für fünfzig Minuten haben wir sie aber in große Schwierigkeiten gebracht», sagte Napoli-Coach Maurizio Sarri. Ramos habe dann dem jungen Team aber die «mentale und physische Energie geraubt». Den Schlusspunkt setzte Alvaro Morata in der Nachspielzeit.
Reals Torhüter Keylor Navas betonte, Ramos trage auch eindeutig einen Stürmer-Instinkt in sich. «Wenn es um Kopfbälle geht, dann hat er diese Fähigkeit, den Ball überall dahin zu befördern, wo er will.» Auch Trainer Zinédine Zidane lobte Ramos. «Wir sind froh, Sergio im Team zu haben», meinte er, vergaß aber auch nicht zu erwähnen, unter welch großem Druck die Königlichen in der ersten Halbzeit gestanden hatten.
Real kann nun weiter auf die Titelverteidigung hoffen. Das Kunststück gelang noch keiner Mannschaft in der Königsklasse. Aber bereits bei Erreichen des Halbfinales könnten «Los Blancos» einen neuen Rekord einfahren: Es wäre das siebte Champions-League-Halbfinale in Folge – auch das hat es noch nicht gegeben.
(dpa)