Deutschlands beste (Noch-)Nicht-Nationalspieler

Düsseldorf – In einem Atemzug mit Fritz Walter oder Bert Trautmann genannt zu werden, ist für einen Fußballer normalerweise ein Ritterschlag.

Lars Stindl und Sandro Wagner hoffen jedoch, dies für sich bald zu ändern. Wenn Bundestrainer Joachim Löw am Freitag seinen Kader für die ersten Länderspiele des Jahres gegen England am kommenden Mittwoch und vier Tage später in Aserbaidschan benennt, gelten beide als mögliche Kandidaten – wieder einmal.

Damit könnten sie mit fast 30 Jahren von der Liste der besten Nicht-Nationalspieler verschwinden. Zu denen gehört auch Torhüter-Legende Trautmann. Und auch Fritz Walter. Der jüngere freilich, nicht der Kapitän der 1954er-Weltmeister.

«Ich bin in meinen Augen seit einiger Zeit mit Abstand der beste deutsche Stürmer», hatte Wagner (29) vor kurzem behauptet. Löw sah das bisher anders und nominierte den U-21-Europameister von 2009, dessen Karriere lange stockte und erst im Vorjahr bei Darmstadt 98 wieder auf Touren kam, noch nicht. Im Januar bezeichnete Löw eine Nominierung Wagners als «durchaus denkbar». Im Nationalteam würde er auf bekannte Gesichter treffen: Gemeinsam mit Manuel Neuer, Mesut Özil, Mats Hummels oder Sami Khedira holte er 2009 den Juniorentitel und schoss im Finale gegen England (4:0) sogar zwei Tore.

Noch deutlicher wurde der Bundestrainer bei Stindl (28), den er bereits als Kandidaten für den Confed Cup sieht, bei dem er auch Perspektivspieler für die WM 2018 testen möchte. «Das wäre eine gute Gelegenheit, Lars mal über einen längeren Zeitraum zu sehen», erklärte er. Eine Garantie für eine Nominierung ist das noch nicht. Für Stindl kommt aktuell erschwerend hinzu, dass ihn ausgerechnet jetzt muskuläre Probleme an der Hüfte plagen.

Löw ist zudem bekannt dafür, seine Personalplanungen nicht von öffentlicher Meinung lenken zu lassen. Der Weltmeister-Coach stellt das knallharte Kriterium in den Vordergrund: Kann ein Spieler das Niveau erreichen, um in der absoluten Weltklasse zu bestehen? Bei Neulingsnominierungen setzt er eher auf deutlich jüngere Akteure wie zuletzt Serge Gnabry (21) oder Benjamin Henrichs (20). In einem vom DFB im November veröffentlichten erweiterten Kader mit 34 Spielern tauchten Wagner und Stindl nicht auf.

Gladbachs neuer Trainer Dieter Hecking bescheinigt dem vor der Blessur treffsicheren Stindl, der in den Juniorenteams des DFB nur viermal spielte, jedenfalls «überragende Fähigkeiten». Die reichten für manch anderen in der langen Länderspielgeschichte aber auch nicht. So ist Trautmann in England eine Legende, seit er 1956 beim FA-Cup-Sieg von Manchester City trotz eines Halswirbelbruchs im Finale durchspielte. Ein Angebot von Schalke 04 lehnte er ab und Bundestrainer Sepp Herberger setzte keine Legionäre ein. Zum Team gehörte Trautmann aber 1954 – als Übersetzer beim Spiel in England.

Thomas von Heesen war Stammspieler des Hamburger SV beim Europacupsieg 1983, schaffte es aber nur zu einer Nominierung für die Bank. Fritz Walter, der jüngere, durfte das Trikot nur bei Olympia 1988 tragen. Obwohl er Bronze gewann und stolze 157 Bundesliga-Tore erzielte, wurde er nie als gut genug für das A-Team erachtet.

Was für Stindl und Wagner als gutes Omen gelten könnte: Auch manch spät Nominierter feierte noch große Erfolge. Stefan Kuntz, der erst mit 31 zum Debüt kam, wurde 1996 Europameister. Roman Weidenfeller, von Löw lange ignoriert, spielte gar mit 33 erstmals in der Nationalelf und wurde 2014 als Ersatztorwart Weltmeister.


(dpa)

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