Stuttgart – Nach einer Mini-Winterpause muss Handball-Bundestrainer Christian Prokop den Titelverteidiger in nur zehn Tagen auf EM-Form trimmen.
In Stuttgart arbeiten Kapitän Uwe Gensheimer und Co. am Feinschliff für die Mission Titelverteidigung beim Turnier in Kroatien. Und in den wenigen Einheiten vor dem Start kommt auf den jungen Prokop eine schwierige Aufgabe zu: welche vier Spieler streicht er noch aus seinem finalen Aufgebot für das erste EM-Spiel am 13. Januar gegen Montenegro?
«Es werden definitiv schwere Entscheidungen», sagt der 39-Jährige. Zumindest die Voraussetzungen für diese Entscheidungen könnten aber schlechter sein. Denn anders als vor dem sensationellen EM-Coup 2016 stehen dem Coach diesmal alle Schlüsselspieler zur Verfügung. Gensheimer ist fit und brennt nach der verpassten EM 2016 und dem Achtelfinal-K.o. bei der WM 2017 auf ein erfolgreiches Abschneiden in Kroatien. Auch Rechtsaußen Patrick Groetzki ist anders als in Polen vor zwei Jahren dabei. Umso spannender wird es sein, ob Prokop dafür möglicherweise auch auf einige Europameister verzichten wird.
12 von ihnen stehen derzeit in seinem vorläufigen 20er-Kader, maximal 16 Spieler darf er am Tag vor dem Auftaktmatch für die EM benennen. Noch am späten Dienstagnachmittag versammelte er seine Mannschaft zur ersten Einheit in der Stuttgarter Porsche Arena. Den größten Aufschluss über seine Personalentscheidungen dürften aber wohl die beiden Testspiele gegen Island am 5. und am 7. Januar geben. Für den Nachfolger von Erfolgscoach Dagur Sigurdsson werden diese Duelle als Härtetests entscheidend sein.
«Es kann sein, dass nicht alle Positionen doppelt besetzt werden», sagt der Coach. Offen ist derzeit noch, ob es für den Leipziger Philipp Weber nach seinem Mittelfußbruch tatsächlich für die EM reicht. Der Spielmacher hatte beim Kurzlehrgang in Kamen Ende Dezember alle Einheiten absolviert, konnte aber noch nicht komplett in die Zweikämpfe gehen. Abwehrchef Finn Lemke fehlte zuletzt wegen einer Bronchitis. Unabhängig von möglichen Ausfällen sind die Anforderungen an Prokop hoch. DHB-Vizepräsident Bob Hanning bezeichnete nicht nur einmal die Titelverteidigung als klares Ziel.
Trotz seiner bisher erfolgreichen Amtszeit weiß Prokop um die Bedeutung eines großen Turniers. Es werde sich erst unter Druck zeigen, wie gefestigt die DHB-Auswahl schon sei, sagte er. Doch vor allem für den Sigurdsson-Nachfolger selbst wird die EM zur Bewährungsprobe. Nach dem überraschenden Achtelfinal-Aus bei der WM vor knapp einem Jahr und dem frühen WM-Aus der Frauen braucht der DHB dringend eine erfolgreiche EM der Männer in Kroatien.
Der Grundstein dafür soll in der Gruppe gelegt werden, wo Prokops Mannschaft direkt enorm gefordert sein wird. Neben Montenegro sind Mazedonien und Slowenien die weiteren Gegner des Titelverteidigers – allesamt Nachbarländer von Kroatien. «Mazedonien, Montenegro und Slowenien werden auch mit Unterstützung der Zuschauer antreten. Das macht es für uns sicher nicht leichter», sagt Gensheimer.
(dpa)