Herzogenaurach – Er musste unzählige Tests durchlaufen, war schon im Weltall und startete seine Mission auf russischem Boden: Nein, die Rede ist nicht von Astronaut Alexander Gerst. Es geht um einen anderen Star, den Telstar 18.
So heißt der offizielle Ball der Fußball-Weltmeisterschaft, die am Donnerstag eröffnet wurde. Vor dem Auftaktspiel zwischen Russland und Saudi-Arabien kreiste die Kugel zwei Monate lang an Bord der Internationalen Raumstation ISS, um dem Gastgeberland Glück zu bringen – es funktionierte. Russland gewann.
Der Telstar 18 stammt vom WM-Hauptsponsor Adidas – wie schon viele WM-Bälle zuvor. Der fränkische Sportartikel-Hersteller liefert seit 1970 das WM-Spielgerät. 13 Bälle entwickelte er bisher für das große Sportspektakel. Zuvor war immer das Gastgeberland für den ganz besonderen Ball zur WM zuständig.
Der erste Telstar mit seinen schwarzen Fünf- und weißen Sechsecken rollte 1970 in Mexiko über den Rasen und war eine Design-Neuheit, die zum Klassiker wurde. «Das war eine kleine Revolution», sagt Holger Kraetschmer, der sich im Hause Adidas um die Entwicklung von Fußballprodukten kümmert.
Telstar steht für «Star of Television» und ist nicht als Hommage an den ersten Kommunikationssatelliten Telstar gedacht, wie immer wieder zu lesen ist. Der Name stehe für die gute Sichtbarkeit im TV. «Der Ball musste im Schwarz-Weiß-Fernsehen gut zu erkennen sein», sagt Kraetschmer.
Der Telstar 18 soll eine neue Revolution darstellen: die digitale. Er ist auch schwarz-weiß, doch die dunklen Flächen sind pixelig. Im Inneren trägt der neue WM-Ball erstmals einen Chip, der mit der passenden App Fußballfans auf der ganzen Welt miteinander verbinden soll. «Die digitale Komponente wird auch in Zukunft eine wichtige Rolle spielen», erklärt Kraetschmer.
Umgeben sei der Chip zu 40 Prozent mit Zuckerrohr. Nachhaltigkeit spiele auch beim WM-Ball eine wichtige Rolle. Ein Ingenieur-Team, Designer und Marketingleute hätten sich um die Entwicklung des Telstar 18 gekümmert. Basis ist das Vorgängermodell, der Brazuca von der vergangenen WM in Brasilien.
Um vom Brazuca zum Telstar 18 zu kommen, habe man naturgemäß vier Jahre Zeit – und die brauche man auch, so Kraetschmer: «Man muss testen, testen, testen, um zu sehen, wie der Ball fliegt.» Hunderte Prototypen und Tausende Tests säumen den Weg zum fertigen Produkt.
Vier Testphasen seien vorgesehen – darunter auch Windtunnel-Tests an einer Partner-Uni. «Das ist der meistgetestete Ball überhaupt.» Der Weltfußballverband Fifa habe Kriterien, die der Ball erfüllen müsse: etwa beim Gewicht, Umfang und Druckverlust.
Ein Roboter-Bein simuliert Tausende Schüsse gegen ein Tor. Getestet wurde der Ball auch von 31 Fußballclubs in zwölf Ländern. «Wichtig ist, dass Torhüter wie Manuel Neuer oder Torjäger wie Lionel Messi den Ball gleichermaßen gut wahrnehmen und sich auf seine Flugkurve einstellen können», sagt Harald Körger, Director Future Sport Science. Der Ball werde mit dem Robo-Bein auf mehr als 100 Stundenkilometer beschleunigt. Für Torwarte wie Nationalkeeper Neuer sei dies kein Problem.
(dpa)