Kasan – Für Tor-Held Toni Kroos hat diese Entscheidung von Joachim Löw angeblich keine große Bedeutung. Wer gegen Südkorea an der Seite des Fixstarters von Real Madrid das Achtelfinale perfekt machen soll, ist die große Frage im Personaltableau.
Mit Maskenmann Sebastian Rudy wird nach dem Nasenbeinbruch aus dem Schweden-Spiel im Trainerstab um Löw jedenfalls nicht für Mittwoch in Kasan geplant.
Sami Khedira und Ilkay Gündogan sind die naheliegenden Optionen. Es sind aber auch überraschende Lösungen denkbar, etwa mit Confed-Cup-Sieger Leon Goretzka oder einem defensiven Mesut Özil – auch das gab’s ja schon. «Für mich macht das so oder so keinen Unterschied. Die Konstellation ist für mich nicht so entscheidend», sagte Kroos.
Die Stabilität in der Mittelfeldzentrale war ein entscheidender Erfolgsfaktor auf dem Weg zum WM-Triumph 2014. Löw probierte auch damals in Brasilien mehrere Formationen, ehe er ab dem Viertelfinale die optimale Variante fand. Philipp Lahm wich auf seine Stammposition als Außenverteidiger zurück. Im 4-3-3 sorgten damals Khedira, Kroos und Bastian Schweinsteiger für Stabilität. Im aktuell bevorzugten 4-2-3-1-System fahndet Löw noch nach dem passenden Partner für den nach dem Freistoß-Coup gegen Schweden sowieso unantastbaren Kroos.
Erste Option ist Weltmeisterkollege Khedira, der sich zum Start gegen Mexiko von den flinken Lateinamerikanern wiederholt hatte übertölpeln lassen. Der Juve-Mann fand sich gegen Schweden prompt auf der Bank wieder. «Das ist kein Weltuntergang, wenn man mal nicht spielt», sagte Löws Assistent Marcus Sorg dazu. «Für mich ist nicht entscheidend, warum und wieso einer nicht spielt. Die Entscheidung ist gefallen, und die muss jeder Spieler respektieren.»
Bemerkenswert war die Personalie des bis dato gesetzten Löw-Zöglings Khedira allemal. Mit tief ins Gesicht gezogener schwarzer Kappe verließ der 31-Jährige das Stadion in Sotschi. Sollte er in Kasan wieder beginnen dürfen, müsste sich Khedira vor allem auf seine defensiven und auch taktischen Stärken besinnen.
Eine Überraschung wäre Özils Aufstellung neben Kroos. Das wäre die spielstärkste Variante, aber auch die defensiv gefährlichste. Es gab eine hochgelobte Premiere der Doppelsechs Kroos/Özil beim 4:1 gegen Italien in München im März 2016. Aber das war ein Testspiel.
Als es gegen Mexiko 0:1 stand und Löw nur noch offensiv wechseln wollte, zog er Özil auch neben Kroos zurück. Zum Ausgleich führte der Schachzug aber nicht. «Die Spieler, die nicht gespielt haben, werden definitiv weiter gebraucht, weil es einfach wichtige Spieler sind», sagte Löw über die zahlreichen Optionen im Kader. Sorg berichtete von «vorbildlichen Reaktionen» der Reservisten im Training. «Für mich ist entscheidend, wie die Spieler mit der Entscheidung umgegangen sind, und das war beispielhaft», sagte der Co-Trainer.
Rudy fehlte mit seiner zertrümmerten und schmerzenden Nase zum Start der Südkorea-Vorbereitung. Einen Versuch mit einer Gesichtsmaske will Löw nur in Erwägung ziehen, wenn es kein gesundheitliches Risiko für den gegen Schweden 30 Minuten souverän agierenden Münchner gibt. «Ich finde, dass Sebastian das gut und abgeklärt gemacht hat in der ersten halben Stunde», sagte Kroos über den 28 Jahre alten Bayern-Profi.
Das Verletzungs-Aus von Rudy verhalf Gündogan zum ersten WM-Einsatz. Der 27-Jährige agierte offensiver, aber auch fehlerhafter, gerade in der Defensivarbeit. Impulse wie in einer starken Saison bei Manchester City konnte Gündogan im DFB-Trikot einmal mehr nicht setzen. Wirken bei ihm die Pfiffe nach der Erdoğan-Affäre noch nach?
Noch keine Rolle in Russland spielt der 23-jährige Goretzka. Vor einem Jahr war der von Schalke zu Bayern München wechselnde Profi beim deutschen Confed-Cup-Gewinn noch ein entscheidender Faktor. 18 von 20 Feldspielern hat Löw bislang eingesetzt, Goretzka ist nicht darunter. «Ich sehe ihn jeden Tag. Er ist da, das kann ich versichern», scherzte Assistenzcoach Sorg. «Er ist definitiv sehr stark im Training. Ich bin sicher, dass er seine Möglichkeiten bekommen wird, sich zu zeigen.» Auch schon gegen Südkorea?
(dpa)